SVP-Fraktion im Grossen Rat will Aargauer Standesinitiative für Ständemehr bei Bilateralen III

Die SVP-Fraktion Sprecherin Barbara Borer-Mathys, Holziken, stellt im Grossen Rat einen Antrag auf Direktbeschluss für eine Standesinitiative für ein obligatorisches Staatsvertragsreferendum gemäss Art, 140 BV (Ständemehr) im Zusammenhang mit der Abstimmung über ein allfälliges Rahmenabkommen mit der EU.

Bundesrat soll EU-Verträge obligatorischem Referendum unterstellen

Sie fordert den Regierungsrat auf, die vorliegende Standesinitiative im Namen des Kantons Aargau einzureichen und die Bundesversammlung aufzufordern, die Abstimmung über die EU-Verträge dem obligatorischen Referendum zu unterstellen und damit auch den Ständen eine Stimme zu geben.

Sie begründet das so: Art. 140 BV regelt, welche Vorlagen Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt werden (Abs. 1) und in welchen Angelegenheiten einzig das Volksmehr zur Anwendung gelangt (Abs. 2). EU. Der Bundesrat will die Abstimmung nicht dem obligatorischen Referendum unterstellen und hat das Ständemehr ausgeschlossen, wobei er offenbar gespalten gewesen sei, so die SVP.

Zur Frage der Anwendbarkeit des obligatorischen Referendums habe sich die sogenannte «sui-generisPraxis» gebildet. Die „sui generis“-Praxis des Bundesrates bzw. der Bundesbehörden bezeichnet im Zusammenhang mit völkerrechtlichen Verträgen (wie etwa einem Rahmenabkommen mit der EU) eine besonders gelagerte Einzelfallbeurteilung, bei der ein Vertrag nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt wird, obwohl er gewisse Merkmale eines Beitritts zu einer supranationalen Organisation aufweist.

Im Anschluss an diese Praxis sei klar, dass das Ständemehr eine Option ist im Hinblick auf die Abstimmung zu den Rahmenverträgen mit der EU, heisst es im Vorstoss weiter. Bei Fragen von ausserordentlicher Tragweite können Bundesrat und Parlament das obligatorische Referendum beschliessen. Ein Blick in die Geschichte zeige, dass die Stände bei Verträgen und Abkommen von grosser Bedeutung eine Stimme erhalten haben.

Bereits 1920 beim Beitritt zum Völkerbund, 1972 beim Freihandelsabkommen mit der EU und auch 1992 beim EWR wurden die Abstimmungen dem obligatorischen Referendum unterstellt. Unabhängig davon, wie man zu den EU-Verträgen steht: für Befürworter und Gegner sei klar, dass die EU-Verträge ohne Zweifel eine ausserordentlich hohe Tragweite mit sich bringen. Sie kämen einer materiellen Verfassungsänderung gleich, ist die SVP-Fraktion überzeugt.

Sie beschränkten die Kompetenzen der Parlamente und Regierungen auf Stufe Bund und Kantone und beschränkten auch das in der Verfassung garantierte freie Stimmrecht der Bürgerinnen und Bürger im Bund und in den Kantonen, heisst es im Vorstoss weiter. Dies, da in den Verträgen vorgesehen ist, dass wenn die Schweiz EU-Recht nicht übernimmt, Brüssel Sanktionen (Ausgleichsmassnahmen) verhängen kann.

"Kaum eine Standesinitiative verdient diesen Namen mehr, als die vorliegende"

Damit hätten die Verträge auf gravierende Weise Einfluss auf die freie Meinungsbildung, "weil die Ausgleichsmassnahmen wie ein Damoklesschwert über dem Entscheid schweben". Kaum eine Standesinitiative verdiene diesen Namen mehr, als die vorliegende. Es gelte, die Mitbestimmung der Kantone zu sichern.

Die EU-Verträge werden kontrovers diskutiert und die Meinungen sind – auch innerhalb der Parteien – gespalten. Umso wichtiger sei es, den demokratischen Zusammenhalt in der Schweiz zu sichern. Eine "bewusste Umgehung des Ständemehrs" werde nicht zu mehr Akzeptanz des Anliegens im Volk führen. Das Gegenteil werde der Fall sein.

Dazu schreibt die Fraktion weiter: "Wir gefährden mit einer Umgehung den demokratischen und friedlichen Zusammenhalt in unserem Lande. Zusammengefasst kann damit gesagt werden, dass - Art. 1 Common Understanding ausdrücklich von «institutionellen Lösungen» spricht, was bei den Bilateralen Verträgen noch anders war; - die EU-Verträge somit tiefgreifende Auswirkungen auf die schweizerischen Institutionen haben werden; - der Druck auf die kantonale Souveränität zunehmen wird; - damit Fragen von ausserordentlicher Tragweite zur Abstimmung gelangen werden; - dass auch historische Referenzen für ein obligatorisches Referendum sprechen; - dass die demokratische Mitbestimmung aller gesetzgebenden Kräfte die Akzeptanz der Vorlage im Volk erhöhen wird"