Nach Untersuchung von Dioxinen in den Böden um die drei Aargauer KVA: das kam dabei heraus

Nach dem Bekanntwerden der hohen Dioxinkonzentrationen im Boden im Umfeld einer ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) in Lausanne im Jahr 2021 wurden die Böden rund um die drei Aargauer KVA in Buchs, Turgi und Oftringen umfassend auf Dioxine untersucht. Dabei wurden keine Sanierungswertüberschreitungen gemäss der massgebenden Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) festgestellt. Dies teilt die Staatskanzlei mit.

Nachfolgende vertiefte Abklärungen bestätigen demnach, dass keine unmittelbare Gefährdung vorliegt. Beim Futterpflanzenanbau wurden den Betroffenen präventiv Empfehlungen bei der Beweidung mit Schafen und beim Futterrübenanbau abgegeben. Zudem wurden bei Wildschweinproben im Suhret-Wald Höchstwertüberschreitungen für Dioxine und PCB festgestellt; das Fleisch erlegter Wildschweine mit überhöhten Werten wird entsorgt. Dies teilt die Staatskanzlei weiter mit.

In Lausanne wurden im Frühling 2021 im Boden von Wohngebieten rund um eine ehemalige Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) überraschend hohe Konzentrationen an polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen (PCCD/F) – so genannte "Dioxine" – festgestellt. Die Abteilung für Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) hatte daraufhin im Jahr 2022 eine umfassende Untersuchung der Belastungssituation rund um die Böden der KVA Buchs, Turgi und Oftringen in Auftrag gegeben.

Die Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) kennt drei Grenzwerte, nämlich Richt-, Prüf- und Sanierungswerte (siehe Box am Schluss dieser Mitteilung), deren jeweilige Überschreitung unterschiedliche Massnahmen auslöst. Die im Jahr 2022 und nun neu gemessenen Dioxin-Konzentrationen lagen deutlich unter denjenigen der Böden um die KVA in Lausanne; weder die Analysen von 2022 noch die neuen Analysen überschreiten den Sanierungswert für Dioxine gemäss VBBo.

KVA Oftringen: "kein weiterer Handlungsbedarf"

Im untersuchten Gebiet um die KVA Oftringen war bereits in der Untersuchung von 2022 keine Richtwertüberschreitung festgestellt worden, wodurch sich kein weiterer Handlungsbedarf ergab. Um die KVA Buchs und Turgi überschritten die Konzentrationen in der Untersuchung von 2022 vereinzelt 20 ng I-TEQ*/kg (entsprechend Prüfwert VBBo), weshalb die nun vorliegenden Untersuchungen und die Gefährdungsabschätzung notwendig waren. Die Ergebnisse der Gefährdungsabschätzung bestätigen die Resultate von 2022, dass keine konkrete Gefährdung besteht.

Situation um die KVA Turgi

Um die Belastung bei der KVA Turgi einzugrenzen, wurden im Jahr 2023 sieben zusätzliche Bodenproben erhoben und auf Dioxine untersucht. Im Fokus stand dabei die landwirtschaftliche Produktion. Die Gefährdungsabschätzung kommt nun zum Schluss, dass beim Verzehr von pflanzlichen Produkten wie Gemüse keine Gefährdung besteht. Beim Futterpflanzenanbau kann bei normalen Szenarien (d.h. übliche Nutzung) eine Gefährdung ausgeschlossen werden. Trotzdem hat das BVU den Betroffenen Empfehlungen bei der Beweidung mit Schafen (langzeitige Beweidung auf gleichen Flächen vermeiden) und beim Futterrübenanbau (Verzicht auf Verfütterung von Futterrüben oder diese von der Erde vorgängig reinigen) abgegeben.

Situation um die KVA Buchs

Auch um die KVA Buchs wurden im Jahr 2023 zusätzlich neun Bodenproben erhoben. Die Konzentrationen der drei Bodenproben östlich der KVA Buchs im Suhret-Wald mit den höchsten Belastungen lagen zwischen 20 und rund 50 ng I-TEQ/kg (Zum Vergleich: in Lausanne wurden maximal 640 ng I-TEQ/kg gemessen). Die Konzentrationen aller anderen Proben liegen unterhalb 20 ng I-TEQ/kg. Die Abteilung für Umwelt geht davon aus, dass die erhöhten Konzentrationen im Wald neben der KVA die Ursache darin haben, dass die Bäume die Luft filtern und mit dem fallenden Laub oder dem Niederschlag die auf den Blättern oder Nadeln angereicherten Schadstoffe in den Boden gelangten (Auskämmeffekt). Bezüglich dem Schutzgut Boden sind die Dioxinwerte nur im Wald erhöht, hier sind aber gemäss VBBo keine Massnahmen notwendig.

Pilze und Rehfleisch unbedenklich, vertieftere Untersuchungen zu Wildschweinen

Um Informationen zu einer allfälligen Gefährdung mit Giftstoffen (Dioxinen und polychlorierte Biphenyle, kurz PCB) durch Lebensmittel aus dem Suhret-Wald zu erhalten, untersuchte das Amt für Verbraucherschutz (AVS) des Departements Gesundheit und Soziales Wildfleisch (je drei Proben Reh und Wildschwein) und Pilze (zwei Mischproben). In den Pilzen und im Rehfleisch hat das AVS weit unter den gesetzlichen Höchstwerten liegende Spuren von Dioxinen und PCB festgestellt. Diese Nahrungsmittel können somit weiterhin bedenkenlos konsumiert werden.

Aufgrund von erhöhten Werten wurden bei den Wildschweinen zusätzliche Proben untersucht und der Untersuchungsperimeter ausgedehnt. In fünf der total siebzehn untersuchten Wildschweinproben im Suhret-Wald stellte das AVS Höchstwertüberschreitungen für Dioxine und PCB fest. Vergleichsproben an sieben Wildschweinen anderer Regionen (Rohr, Kästhal, Eiken-Schupfart und Frick) haben dagegen keine Überschreitung der Höchstwerte ergeben.

Das laut Mitteilung für die Risikobewertung solcher Überschreitungen zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) konnte bei der Beurteilung der Ergebnisse der Wildschweine aus dem Suhret-Wald gesundheitliche Auswirkungen auf bestimmte Konsumentengruppen – Personen, die häufig Wildschweinfleisch konsumieren – nicht ausschliessen. Aus diesem Grund hat das AVS das Inverkehrbringen von ungetestetem Wildschweinfleisch aus dem Suhret-Wald (Jagdrevier Nr. 2) untersagt.

Das BVU hat mit dem AVS, der betroffenen Jagdgesellschaft Buchs und der KVA-Buchs zur Gewährleistung, dass nur unbedenkliches Wildschweinfleisch in Verkehr gebracht wird, folgendes Vorgehen vereinbart: Der Abschuss der Wildschweine erfolgt weiterhin, um Schäden in den landwirtschaftlich genutzten Bereichen des Reviers zu verhindern. Jedes erlegte Tier wird in einem externen Labor auf Dioxine und PCB untersucht und nur bei Einhaltung der Höchstwerte für diese Substanzen für die Verwertung als Lebensmittel freigegeben.

Tiere, welche die Höchstwerte für Dioxine und PCB überschreiten, werden von den Jägern fachgerecht über die Tierkörpersammelstellen entsorgt. Das AVS sammelt die Ergebnisse der erfolgten Untersuchungen und wird die Situation unter Berücksichtigung der neuen Daten nach einem Jahr neu bewerten.

Umgang mit anfallendem Bodenaushub

Um zu verhindern, dass Bodenaushub mit Dioxin-Konzentrationen über dem Richtwert in unbelastete Gebiete gelangt, werden die entsprechenden Flächen in die kantonale Hinweiskarte Prüfperimeter Bodenaushub eingetragen, welcher bei Bauarbeiten zu beachten ist. Dies bedeutet, dass bei Bauvorhaben in diesem Perimeter der allfallende Bodenaushub auf Dioxine untersucht werden muss, falls dieser nicht vor Ort wiederverwendet werden kann.

*TEQ steht für toxizitätsgewichtete Konzentrationen, wobei die Konzentrationen weniger toxischer Dibenzodioxine oder -furane weniger stark in der Summe gewichtet werden.

Richtwert, Prüfwert, Sanierungswert: das sind die Definitionen

Die Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) sieht folgende drei Schwellenwerte für Schadstoffe vor:

Richtwert: Der Richtwert gemäss VBBo gibt an, ab welcher Konzentration eines Schadstoffes die Bodenfruchtbarkeit langfristig nicht mehr gewährleistet ist. Jegliche Nutzung ist weiterhin uneingeschränkt möglich. Wenn der Richtwert überschritten ist, gilt es, die Belastungsquellen zu stoppen. Für Dioxine liegt er bei 5 ng I-TEQ/kg.

Prüfwert: Bei einer Überschreitung des Prüfwerts gemäss VBBo prüft die kantonale Behörde, ob die Belastung des Bodens Menschen, Tiere oder Pflanzen konkret gefährdet, weil man davon ausgeht, dass für empfindliche Nutzungen eine Gefährdung möglich ist; wenig empfindliche Nutzungen sind dagegen weiter möglich. Für Dioxine liegt der Prüfwert bei 20 ng I-TEQ/kg.

Sanierungswert: Bei der Überschreitung des Sanierungswerts gemäss VBBo ist dagegen keine Nutzung mehr möglich. Für Dioxine liegt der Sanierungswert für Kinderspielplätze (Kinder können Boden direkt aufnehmen und sind deshalb besonders gefährdet) bei 100 ng I-TEQ/kg, für die Landwirtschaft bei 1000 ng I-TEQ/kg.

Belastungseinteilung gemäss VBBo1. Untersuchung und Folgeuntersuchung 2023
Unterhalb Richtwert15 (33%)
Zwischen Richtwert und Prüfwert21 (47%)
Über Prüfwert9 (20%)
Über Sanierungswert0 (0%)
TOTAL45 (100%)