Nach Schliessung der Geburtenabteilung in Muri Furcht vor Gynäkologie-Unterversorgung
In einer am 3. Juni im Grossen Rat eingereichten Interpellation stellen Harry Lütolf, Die Mitte, Wohlen (Sprecher), Franziska Stenico-Goldschmid, Die Mitte, Beinwil (Freiamt), Rita Brem-Ingold, Die Mitte, Oberwil-Lieli, Stefan Dietrich, SP, Bremgarten, Annetta Schuppisser, GLP, Bremgarten, Fragen zu einer drohenden Unterversorgung mit ausgebildeten Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen im Kanton Aargau.
Das Spital Muri ist ein Ausbildungsspital. Im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe bieten das Spital Muri derzeit noch bzw. bis vor Kurzem gesamthaft acht Assistenzarztstellen zur Weiterbildung an. Das Spital Muri ist von der Weiterbildungsstättenkommission (WBSK) des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF als Weiterbildungsstätte in Gynäkologie und Geburtshilfe, Kategorie B (drei Jahre), sowie in operativer Gynäkologie und Geburtshilfe, Kategorie «voll anerkannt». Dies steht in der Interpellation.
Zusätzlich bietet das Spital Muri diesbezüglich derzeit noch bzw. bis vor Kurzem zwei Unterassistenzstellen für jeweils mindestens einen Monat an. Im Kanton Aargau finden sich derzeit nur vier von der SIWF zertifizierte Weiterbildungsstätten, nämlich am Kantonsspital Aarau (KSA) in der Kategorie A (vier Jahre), am Kantonsspital Baden (KSB) in der Kategorie A, am Gesundheitszentrum Fricktal (GZF) am Standort Rheinfelden in der Kategorie B und eben am Spital Muri (wie bereits erwähnt in der Kategorie B).
Spital Muri schliesst Geburtenabteilung
Bekanntlich hat das Spital Muri nun unlängst beschlossen, seine Geburtenabteilung aus Kostengründen zu schliessen. Der im letzten Jahr vom Spital beantragte und erhaltene Leistungsauftrag für die Geburtshilfe (für vier Jahre) wird oder wurde vom Spital Muri bereits wieder gekündigt. In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
1. Pflichtet der Regierungsrat den Interpellanten/-innen bei, dass mit der Schliessung der Geburtenabteilung am Spital Muri und der entsprechenden Kündigung des Leistungsauftrags für die Geburtshilfe die Zertifizierung des Spitals Muri durch die SIWF als Weiterbildungsstätte in Gynäkologie und Geburtshilfe dahinfällt und im Spital Muri demnach bereits in diesem oder spätestens ab dem nächsten Jahr keine angehenden Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen, einschliesslich der Ausbildung von Hebammen, mehr ausgebildet werden können? Wenn der Regierungsrat nicht beipflichtet: Weshalb nicht?
2. Pflichtet der Regierungsrat den Interpellanten/-innen bei, dass die nur mehr drei verbleibenden Weiterbildungsstätten in Gynäkologie und Geburtshilfe im Kanton Aargau (KSA, KSB und GZF in Rheinfelden) diese acht Assistenzarztstellen zur Weiterbildung bzw. zwei Unterassistenzstellen, welche derzeit am Spital Muri noch angeboten werden bzw. bis vor Kurzem wurden, nicht «auffangen» können und demnach im Kanton Aargau künftig weniger Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen ausgebildet werden? Wenn der Regierungsrat nicht beipflichtet: Weshalb nicht?
3. Pflichtet der Regierungsrat den Interpellanten/-innen bei, dass aufgrund der Schliessung der Geburtenabteilung am Spital Muri spätestens ab kommenden Jahr nicht mehr genügend Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen ausgebildet werden können, um die «Abgänge» (Ruhestand, Wegzug etc.) kompensieren zu können?1 Wenn der Regierungsrat nicht beipflichtet, wird dieser von den Interpellanten/-innen gebeten, genau aufzuzeigen, welche Institution, ab welchem Zeitpunkt, mit wie vielen Ausbildungsplätzen einspringen kann.
4. Falls der Regierungsrat bei der Frage 3 hiervor beipflichtet: Teilt der Regierungsrat die Meinung der Interpellanten/-innen, dass der Kanton gestützt auf § 41 der Kantonsverfassung in der Pflicht steht, im Kanton Aargau für eine genügende Anzahl Ausbildungsplätze für Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen zu sorgen? Wenn der Regierungsrat die Meinung nicht teilt: Weshalb nicht?
5. Pflichtet der Regierungsrat den Interpellanten/-innen bei, dass die Problematik der mangelnden Ausbildungsplätze für angehende Gynäkologen/-innen und Geburtshelfer/-innen seitens des Kantons zu wenig bedacht wurde, wenn ein Ausbildungsspital den hierfür notwendigen Leistungsauftrag (Geburtshilfe) ohne weiteres und ohne Vetomöglichkeit des Kantons (oder dergleichen) von sich aus kündigen kann? Wenn der Regierungsrat nicht beipflichtet: Weshalb nicht?