Modellierung zeigt Potenzial entwässerter Gebiete für die Wiedervernässung im Wald - auf der Basis von Freiwilligkeit

Modellierung zeigt Potenzial entwässerter Gebiete für die Wiedervernässung im Wald - auf der Basis von Freiwilligkeit
Wiedervernässte Fläche in Häggligen zum Frühlingsbeginn. Bildnachweis: Abteilung Wald, BVU

Der aargauische Grosse Rat hat im September 2024 mit der Genehmigung der sechsten Etappe des Naturschutzprogramms Wald einen Auftrag zur Schaffung von 120 Hektaren neuen Feuchtgebieten bis 2031 erteilt. Dabei stehen entwässerte Waldflächen im Fokus. Die Wiederherstellung dieser Lebensräume habe positive Effekte auf die Artenvielfalt, die Neubildung von Grundwasser und den Hochwasserschutz, teilt jetzt die Staatskanzlei mit. Eine neue Studie zeigt demnach das Potenzial für Wiedervernässungen von Waldflächen auf. Sie bilde eine wichtige Grundlage für die Umsetzung des politischen Auftrags des Grossen Rats, heisst es dazu in der Mitteilung.

Die Auswirkungen des Klimawandels sind vielfältig: Hitze- und Trockenperioden machen Mensch und Umwelt zu schaffen, Starkniederschläge überlasten unsere Infrastrukturen und verursachen teil weise grosse Schäden. Um diese Folgen des Klimawandels abzuschwächen, sollen in den nächsten Jahren zusätzliche Feuchtgebiete im Wald geschaffen werden.

Feuchtwälder erfüllen wichtige Funktionen

Feuchtwälder erfüllen wichtige Funktionen, die gerade mit zunehmend wärmerem Klima bedeutsam sind, heisst es weiter. Der Wald im Generellen sowie Feuchtgebiete im Speziellen halten Wasser zurück und brechen dadurch Hochwasserspitzen. Feuchtwälder sind weiter wichtig für die Neubildung von Grundwasser und somit auch für die Trinkwasserversorgung.

Das Lokalklima von feuchten Wäldern ist zudem ausgeglichener und nicht zuletzt bieten diese wertvollen Erholungsraum für Waldbesuchende. Von Wiedervernässungen profitiert demnach ebenfalls die Biodiversität: Feuchte und nasse Wälder beherbergen durch ihre vom Wasser geprägten Standortbedingungen eine Vielzahl an Tierarten, die nur in ganz bestimmten Lebensräumen vorkommen.

Historische Wälder wiederherstellen

Um die Holzproduktion zu steigern und die Bewirtschaftung zu erleichtern, wurden im 19. und 20. Jahrhundert im Kanton Aargau etwa 2'400 Hektaren feuchte Wälder – dies entspricht knapp 5 Prozent der gesamten Waldfläche – durch den Bau von Gräben drainiert. Dadurch wurde das an fallende Regenwasser schnell aus den jeweiligen Waldgebieten abgeleitet, in der Folge sind diese Wälder deutlich trockener geworden.

Rund ein Viertel des Aargauer Waldes hat entsprechendes Potenzial

Eine Möglichkeit, Feuchtgebiete zu schaffen, ist die entwässernde Wirkung dieser Gräben zu verringern oder rückgängig zu machen. Im Rahmen der neuen Studie "Wiedervernässung von Wäldern im Kanton Aargau" wurde mittels einer Modellierung das Potenzial der 2'400 Hektaren entwässerter Gebiete für Wiedervernässungen ermittelt. Diese Modellierung habe gezeigt, heisst es in der Mitteilung, dass rund ein Viertel, also etwa 640 Hektaren der damals entwässerten Wälder im Kanton Aargau, ein hohes Potenzial für die Realisierung von Wiedervernässungsprojekten haben.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gewässer-Initiative gutgeheissen

Die Aargauische Volksinitiative "Gewässer-Initiative Kanton Aargau – Mehr lebendige Feuchtgebiete für den Kanton Aargau" wurde am 2. Februar 2023 eingereicht. Der Regierungsrat stellte der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Die grosse Bedeutung von Feuchtgebieten sowohl aus Sicht der Biodiversität als auch aus Sicht des Wasserhaushalts wurde durch den Regierungsrat anerkannt. Die Schaffung von Feuchtgebieten soll auf der Basis der Freiwilligkeit im Wald, im Landwirtschaftsgebiet und im Siedlungsgebiet ganzheitlich realisiert werden und den hierfür notwendigen Zeithorizont gegenüber der Initiative erweitern.

Zwischenziel: 750 Hektaren Feuchtgebiete

Am 10. September 2024 hat der Grosse Rat dem in direkten Gegenvorschlag des Regierungsrats mit 128:0 Stimmen zugestimmt. Die Gewässerinitiative wurde im Anschluss daran durch die Initianten zurückgezogen. Bis 2060 sollen insgesamt 1'000 Hektaren Feuchtgebiete in den drei Landschaftsräumen Landwirtschaft, Siedlung und Wald realisiert werden. Als Zwischenziel bis 2040 sollen 750 Hektaren Feuchtgebiete geschaffen werden: 300 Hektaren im Wald, 280 Hektaren im Landwirtschaftsgebiet und 170 Hektaren im Siedlungsgebiet.

Im Wald sollen somit pro Jahr 20 Hektaren Feuchtgebiete wieder hergestellt oder neu geschaffen werden, damit der Zielwert von 300 Hektaren bis 2040 erreicht wer den kann. Neben Wiedervernässungen sollen Amphibienbiotope angelegt, Auenwaldreservate und Quellen gesichert sowie Bäche ausgedolt werden.

Die Studie steht unter www.ag.ch/feuchtgebiete-im-wald zur Verfügung und bildet eine wichtige Grundlage für die Umsetzung des Auftrags des Grossen Rats.