Mia Jenni (SP): Wenn Kürzungen so durchkommen, werden wir als zweitgrösste Partei dieses Budget nicht annehmen können"
Nachfolgend das Votum der SP-Sprecherin Mia Jenni (SP) im Wortlaut:
Werter Herr Ratspräsident, werter RegierungsrätInnen, werte KollegInnen, wir müssen reden. Was wir hier in diesem Ratssaal seit Beginn dieser Legislatur erleben, hat sehr oft kaum mehr den Charakter einer soliden Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Legislative, zwischen Zielsetzungen, Forschung und Befunden und und deren politischer Umsetzung.
Was wir als Kommissionsmitglieder und gewählte Grossratsmitglieder in den letzten Monaten rund um den Budgetprozess und die AFP Beratung miterleben mussten, hat wirklich nichts mehr mit politischem Gestaltungswillen und einem staatstragenden, seriösen Budgetprozess zu tun. Das Vorgehen der KAPF hat wirklich den Vogel abgeschossen. Wir müssen reden.
Ein Aufgaben- und Finanzplan entsteht nicht einfach so aus dem luftleeren Raum, sondern ist ein langwieriger Prozess über mehrere Monate, wie ihr alle wisst. Ebenso bewusst müsste es euch deshalb auch sein, dass es bereits mehrere Kürzungsrunden innerhalb der Verwaltung gibt, sodass schlussendlich die Warenkosten dann in Form des AFPs bei uns landen können, jene die notwendig sind.
Wie kann man nochmals 90 Mio. pauschal streichen?!
Wie man dann mit dem Wissen über diesen ganzen Prozess als Kommission entscheiden kann, nochmals pauschal 90 Millionen Franken zu streichen, ist uns ein Rätsel. Noch frecher wurde es dann eigentlich nur, als die Kommission noch vom Regierungsrat verlangte, selbst Kürzungsvorschläge anzubringen, obwohl es sich beim AFP um den regierungsrätlichen Vorschlag handelt. Es kann doch nicht sein, dass der Regierungsrat nun auch noch die Aufgaben der Legislative erledigen muss.
Es ist natürlich dann ein einfaches in den Fachkommissionen, sich einfach auf diesen Bericht zu berufen und so zu tun, als als wäre es ein Vorschlag der Regierung, obwohl man initial diese zu diesem Bericht gezwungen hat. Entsprechend scheps bis katastrophal stehen nun all diese Kürzungsvorschläge in der Landschaft, weil sie eben eigentlich allesamt sinnlos sind bei einem Budget, welches bereits von Beginn an nur das Nötigste beinhaltete.
Staatsquote ist eine Zielvorgabe, keine harte Linie
Den Vogel schiesst übrigens auch die Behauptung ab, dass man mit diesem Vorschlag die Staatsquote einhalten möchte, wie es gesetzlich geschrieben steht. Es ist eine Zielvorgabe, keine harte Linie und deshalb muss man immer die Sinnhaftigkeit des Einhaltens dieser Vorgabe zu gegebenem Zeitpunkt beurteilen. Und das geschieht genau nicht, wenn man diese nun hart durchsetzen möchte. Wenn man 2026 90 Millionen Franken streichen möchte, 2027 dann 140 Millionen Franken, 2028 221,9 Millionen Franken und 2029 169,8 Millionen Franken.
Gefüllte Kassen: jede Firma würde investieren
In welcher ökonomischen Lehre ist es sinnvoll, dass man alles einfriert? Wir werden uns im Rahmen dieses Budgetprozesses und darüber hinaus dagegen wehren, dass der Aargau und damit seine gesamte Bevölkerung zum Playground von zwei Fraktionen wird, die ihre staatstragende Rolle nicht einmal mehr vielleicht ausfüllen möchten. Man stelle sich vor: eine gefüllte Kasse und eigentlich keine Schulden mehr. In jeder Firma würde man investieren, verbessern, Notwendigkeiten erledigen, vor allem, wenn es einiges zu investieren und vor allem, wenn es einiges aufzuholen gäbe.
Stattdessen werden in diesem Budgetprozess Kürzungen vorangetrieben ohne Notwendigkeit. Und es wird nicht eine Sekunde in die Zukunft gedacht. Und das gleich in doppelter Hinsicht, einerseits weil mit den Kürzungsanträgen ja nicht etwa wirklich gespart wird, sondern notwendige Aufgaben werden einfach nach hinten verschoben. Probleme werden nicht angegangen. Das macht sie nur noch größer, noch komplizierter, noch teurer, nur damit man ein Budget verabschieden kann, welches am Ende nicht einmal mehr für die Gegenwart ausreichend ist.
Andererseits, weil wir wissen, dass auf den Kanton einige finanzielle Herausforderungen zukommen werden, respektive wir stecken bei der Abschaffung des Eigenmietwerts, höchstwahrscheinlich die Individualbesteuerung, die Umsetzung der angenommenen Steuergesetzrevision, die unsichere globale Wirtschaftslage, die wachsende Wohnbevölkerung etc. mitten in diesen Herausforderungen.
Deutlich und mit Vehemenz gegen diese toxische Spirale in den Abgrund
Möchte man nun den Steuerfuss radikal senken, Kostenpunkt satte 61 Millionen Franken und verkauft das als Geschenk an die Aargauer Bevölkerung, dann kann man nachher natürlich ganz locker weiter Kürzungen vorantreiben und die nächsten Abbaurunden einläuten. Ein Bärendienst für die Aargauer Bevölkerung und ein offensichtlicher Abbau des Staates. Nicht staatstragend, sondern das Gegenteil. Als SP stellen wir uns deutlich und mit Vehemenz gegen diese toxische Spirale in den Abgrund und werden die Kürzungsanträge bekämpfen.
Wir werden Anträge auf vier neue Entwicklungsschwerpunkte stellen
Ebenso werden wir gemeinsam mit der EVP und den Grünen Anträge auf vier neue Entwicklungsschwerpunkte stellen. Denn für uns ist Vorwärts immer rückwärts. Der Kanton Aargau braucht eine klare Linie in die Zukunft, nachhaltig den Gemeinden helfend, die Gesundheit der Bevölkerung unterstützend und fördernd und mit ausreichenden gut ausgebildeten Fachkräften im Bildungs- und Gesundheitssektor und beim Verwaltungspersonal. Auch werden wir die knausrigen Lohnkürzungen ablehnen. Das Lohnniveau des Kantonspersonals konnte über die letzten Jahre mit dem realen Lebenskostenanstieg nicht mithalten. Wir können nicht vorzu den Kanton Aargau als Arbeitsort schwächen und dann erwarten, dass gute Fachkräfte bei uns arbeiten wollen und dass unsere Kinder eine gute Ausbildung und und Betreuung erhalten.
Wir werden uns wehren gegen die Streichung bei der Zusatzkomponente EIS, was strukturschwache Schulen benachteiligen würde. Wir werden uns wehren gegen die Kürzung bei der Strafregisterprüfung beim Heimpersonal.Wir werden uns wehren gegen die Stellenkürzungen vor allem auch, wo klare auch nationale Aufgaben bestehen und ohne diese nicht erledigt werden können.
Wir wehren uns bei den Kürzungen in der Wirtschaftsförderung, Jugendarbeit, Bildung und Kultur. Wir wehren uns dagegen, dass ohne Grund fast 14 Millionen Franken bei den Bühnen gekürzt werden. Sinnlos und grundlos. Das ist keine akzeptable ArbeitgeberInnen-Kultur. Die SP wird für das soziale Wohl der Bevölkerung kämpfen, für alle statt für wenige. Und wenn die Kürzungen so durchkommen wie beantragt, dann werden wir als zweitgrösste Partei des Kantons dieses Budget nicht annehmen können."