Kanton ändert Richtlinien zur betäubungsmittelgestützten Behandlung

Nach Eingang einer Aufsichtsanzeige am 17. Oktober 2025 in Zusammenhang mit einem Todesfall aufgrund einer mutmasslichen Methadonüberdosis hat der Gesundheitsdirektor am 20. Oktober 2025 den Auftrag erteilt, den Prozess zur Bewilligung von betäubungsmittelgestützten Suchtbehandlungen, sogenannte Opioid-Agonisten-Therapie (OAT), zu überprüfen. Der Kantonsärztliche Dienst hat in der Folge ein juristisches Gutachten eingeholt und die kantonalen Richt­linien zur betäubungsmittelgestützten OAT überarbeitet. Die steilt die Staatskanzlei mit.

Neu müssen auch Ärztinnen und Ärzte in stationären Einrichtungen für jede OAT einzeln eine Bewilligung beantragen. Dabei handelt es sich um einen Prozess zur Ver­hin­de­rung von missbräuchlichen oder mehrfachen The­rapie­ver­schrei­bungen. Der Kantonsärztliche Dienst nimmt keine medizinische Beurteilung der Verschreibung vor; dies fällt in die Verantwortung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte.

Gemäss Bundesrecht braucht es für die be­täu­bungs­mit­tel­ge­stützte Behandlung von Suchtkranken eine Bewilligung des Kantons. Be­willi­gungs­pflichtig sind die Verschreibung, die Abgabe und die Verabreichung von Betäubungsmitteln zur Behandlung von Suchtkranken. Während Art. 3e des Betäubungsmittelgesetzes diese Bewilligungspflicht definiert, konkretisiert Art. 9 der Be­täu­bungs­mittel­sucht­ver­ord­nung, welche Angaben der Kanton für das Ausstellen der Bewilligung bei der behandelnden Ärztin oder beim behandelnden Arzt einzufordern hat. Das Bundesrecht gibt auch vor, dass Ärztinnen/Ärzte, die das Be­täu­bungs­mittel verschreiben, über eine Be­rufs­aus­übungs­bewilli­gung verfügen müssen.

Das sind die gesetzlichen Grundlagen im Kanton

Gemäss Heilmittel- und Betäubungsmittelverordnung (HBV) des Kantons Aargau ist für die Bewilligung von OAT die Kantonsärztin oder der Kantonsarzt zuständig. Der Kantonsärztliche Dienst führt die Bewilligung einer OAT in Richtlinien weiter aus. Diese sehen mindestens seit dem Jahr 2016 vor, dass nur ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte die OAT einzeln bewilligen lassen mussten. Stationären Einrichtungen (Akut-, Rehabilitations- und psychiatrische Kliniken) hat der Kantonsärztliche Dienst in den bisherigen Richtlinien zugestanden, bei stationären Patientinnen und Patienten eine Substitutionsbehandlung im Rahmen einer generellen Bewilligung für die Einrichtung durchzuführen.

Das Departement Gesundheit und Soziales hat nach Eingang der erwähnten Aufsichtsanzeige mit einem Rechtsgutachten abklären lassen, wie die Be­willi­gungs­pflicht von Bundesrechts wegen ausgestaltet sein muss. Das Gutachten vom 13. November 2025 hält fest, dass die generelle Berechtigung für stationäre Einrichtungen bun­des­rechts­widrig ist. Auch in diesen Fällen ist ein individuelles Gesuch für eine OAT nötig.

Der Kantonsärztliche Dienst hat die Richtlinien am 17. Dezember 2025 angepasst. Sie treten per 1. April 2026 in Kraft und geben vor, dass sowohl stationär als auch ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte für jede OAT und damit für jede Patientin und jeden Patienten eine Bewilligung bei der Kantonsärztin einholen müssen. Die Übergangsfrist ist nötig, weil der neue Prozess einen Mehraufwand für die stationären Einrichtungen und für den Kantonsärztlichen Dienst bedeutet, wofür die nötigen Ressourcen bereit zu stellen sind.

Verhinderung von Missbrauch

Der Zweck der Substitutionsbewilligung ist das Verhindern von Missbrauch und Mehrfachverschreibungen und die Verbesserung der Qualität und Sicherheit im Umgang mit Betäubungsmitteln. Die Verantwortung für die OAT liegt jeweils bei der behandelnden Ärztin beziehungsweise beim behandelnden Arzt.