Kann die FDP im Grossen Rat das Kantonsreferendum gegen die Individualbesteuerung noch abwenden?

FDP-Kantonalpräsidentin Sabina Freiermuth konnte am Dienstagabend in Aarau zahlreiche Parteitagsteilnehmende (darunter 75 Stimmberechtigte) begrüssen, allen voran Regierungsrat Stephan Attiger, Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker (der soeben zum Präsidenten des Schweizerischen Städteverbandes gewählt worden ist) sowie zahlreiche Grossrätinnen und Grossräte. Sie würdigte die klare inhaltlich-thematische Positionierung der FDP Schweiz, die gute Kommunikation und Stärkung von deren Kampagnenfähigkeit, die Thierry Burkart als nationaler Parteipräsident zu verdanken sei. Sie bedaure es sehr, dass Ständerat Burkart als Parteipräsident zurücktritt, was aber natürlich zu respektieren sei.
Grosser Rat entscheidet über Kantonsreferendum
Nächsten Dienstag ist im Grossen Rat als letztes Geschäft des Tages die Botschaft des Regierungsrats für ein Kantonsreferendum gegen die von den Eidgenössischen Räten mit sehr knappen Mehrheiten beschlossene Individualbesteuerung traktandiert. Die Unterschriftensammler von SVP und Mitte für ein Volksreferendum harzt offenbar laut Medienberichten. «Sie haben es glaub nötig, dass man ihnen hilft», so Freiermuth.

Da komme es diesen wohl gerade recht, dass die Finanzdirektorenkonferenz (FDK) gegen die Vorlage ist. Von den Mehrheitsverhältnissen her dürfte die FDP (die Individualbesteuerung geht auf eine Volksinitiative der FDP-Frauen zurück) im Grossen Rat wohl vier Stimmen zu wenig haben, um ein Kantonsreferendum des Aargaus abzuwenden, rechnete Freiermuth am Parteitag vor: «Wir arbeiten aber jeden Tag daran, um doch noch eine Mehrheit gegen das Referendum hinzukriegen», so Freiermuth.

Bilaterale III: Die Schweiz geht so oder so nicht unter
Traktandiert waren am Dienstagabend eine eidgenössische Vorlage und eine Darlegung der bilateralen Verträge III durch Christian Steiner, Fraktionssekretär der FDP-Bundeshausfraktion. Eine Parole zu diesen Verträgen werde an diesem Abend bestimmt nicht gefasst, schickte Sabina Freiermuth voraus. Eine Grundsatzausrichtung zuhanden der Vernehmlassungsantwort der FDP sei jedoch für die Delegiertenversammlung der FDP Schweiz vom 18. Oktober in Bern geplant. Dazu gab es allerdings mehrere skeptische Fragen, ob das nicht zu früh sei, man noch zu wenig wisse.
Es würde hier zu weit führen, die sehr kundige und nüchterne Darlegung Steiners zusammenzufassen. Hier nur ein Satz Steiners, der in der stellenweise schon sehr aufgeheizten Stimmung sehr bedenkenswert ist: «Die Schweiz geht nicht unter, wenn wir die Verträge nicht bekommen. Sie geht aber auch nicht unter, wenn sie angenommen werden.» Die Diskussion am Parteitag wurde von den Teilnehmenden mit zahlreichen Fragen in einer sehr konstruktiven Atmosphäre rege genutzt.

Nein-Parole zur Service-Citoyen-Initiative
Doch zuerst ging es um die Volksinitiative «für eine engagierte Schweiz» (Service-citoyen-Initiative). Vorgestellt wurde diese von FDP-Grossrat Norbert Stichert. Getragen wird die Initiative für einen Bürgerdienst von einem Komitee vorab aus Vertretern aus SP, Die Mitte, GLP, Grünen, FDP, darunter auch Nationalratspräsidentin Maja Riniker (FDP/AG).
Die Initiative verlangt einen Dienst aller zugunsten der Allgemeinheit oder der Umwelt. Heute seien allein die Männer dienstpflichtig. Mit der initiative würde es Gleichberechtigung geben. Er habe grosse Sympathie für einen Dienst an der Allgemeinheit, so Stichert. Doch insgesamt überwiegen für ihn die Nein-Argumente, so wie auch bei der FDP-Fraktion in den Eidgenössischen Räten (22 Nein, 4 Enthaltungen). Der Parteitag entschied sich diskussionslos gegen einzelne Ja-Stimmen überdeutlich für die Nein-Parole.