Grossräte fordern geschlossene Therapieeinrichtung für schwer Suchterkrankte

Mit einer Motion verlangen Miro Barp, SVP, Brugg (Sprecher), Dr. Titus Meier, FDP, Brugg, Alfons Paul Kaufmann, Mitte, Wallbach, Daniele Mezzi, Mitte, Laufenburg, Jaqueline Felder, SVP, Boniswil, die Errichtung einer geschlossenen Therapieeinrichtung für Personen mit schweren Suchterkrankungen.

Sie wollen konkret den Regierungsrat beauftragen, eine geschlossene Therapiestation für die Langzeitbehandlung von verwahrlosten, verwahrlosungsgefährdeten und straffälligen suchtkranken Menschen zu schaffen. In einer solchen Institution können langfristige behördliche Fürsorgerische Unterbringungen (FU) und Massnahmen nach Art. 60 StGB vollzogen werden, heisst es im Vorstoss weiter. Dabei solle der Regierungsrat prüfen, ob eine solche Einrichtung in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen betrieben werden kann, z. B. unter dem Dach des Strafvollzugskonkordats Nordwest- und Innerschweiz.

Wieder vermehrt Verelendung von sucht kranken Menschen

So begründen die Grossräte aus SP, FDP und Mitte den Vorstoss: Seit einigen Jahren komme es in der ganzen Schweiz wieder vermehrt zur Verelendung von sucht kranken Menschen. Die Hintergründe dafür seien vielfältig. Als wichtiger Treiber dieser Entwicklung werde der vermehrte Konsum von rauchbarem Kokain (Crack, Freebase) genannt, weil diese Drogen, vor allem in der Kombination mit Alkohol, zu einer Enthemmung der Konsumenten führen und diese Abhängigen ambulant nur schwer behandelbar sind.

Motionäre: Gassenküchen und Konsumräume reichen nicht

Als Folge davon haben sich auch im Kanton Aargau an einigen Hotspots Drogenszenen entwickelt, welche geprägt seien von Aggressivität und Vandalismus. Der Unmut in der Bevölkerung wächst, weil die öffentliche Ordnung zunehmend gefährdet sei Dieser unheilvollen Entwicklung könne nicht mit der Errichtung von Gassenküchen und Konsumräumen begegnet werden. Erstens haben die Erfahrungen in verschiedenen grösseren Städten (Zürich, Lausanne) gezeigt, dass solche Einrichtungen eine Magnetwirkung haben und auch suchtkranke Menschen aus einem weiteren Umfeld anziehen.

Zürich schickt Drogenkranke wieder in Heimatkanton zurück

Zweitens lasse sich diese Gruppe von Konsumenten ambulant kaum betreuen, weil für sie keine Substitutionsbehandlung existiere. Drittens werde die Suchtkrankheit mit diesen Methoden unterhalten, statt behandelt. Die Problematik, die von diesen Konsumenten ausgeht, werde sich in absehbarer Zeit akzentuieren, weil Zürich – wie zu Zeiten des «Lettenelends» – wieder Rückführungen von Süchtigen, die sich in der Stadt Zürich aufhalten, in ihren Heimatkanton durchführen will.

Für diese Gruppe von suchtkranken Menschen, die in der Regel krankheitsbedingt nicht fähig seien, sich aus eigener Kraft einer Therapie zu unterziehen, bestünden keine zweckmässigen Behandlungsangebote, kritisieren die Motionäre. Praktisch alle Suchtkliniken werden offen geführt. Für den Vollzug von längerfristigen behördlichen Fürsorgerischen Unterbringungen (FU) und von strafrechtlichen Massnahmen nach Art. 60 StGB fehlten schweizweit geeignete, geschlossene Einrichtungen.

Einrichtung "könnte Handlungsspielraum der Behörden erhöhen"

Das führe dazu, dass entsprechende Massnahmen nur spärlich angeordnet werden, denn Voraussetzung für die zivil- oder strafrechtliche Anordnung einer Therapie ist die Verfügbarkeit einer geeigneten Anstalt. Eine solche Einrichtung könnte den Handlungsspielraum der Behörden bei der Bekämpfung der Ver elendung der Suchtkranken, der Ghettoisierung von Teilen des öffentlichen Raumes und der Drogenkriminalität beträchtlich erhöhen. Die Finanzierung einer solchen geschlossenen Therapiestation könne so gestaltet werden, dass sie das Kantonsbudget nicht übermässig belastet, meinen die Motionäre.

Es sei abzuklären, ob das Projekt als Pilotprojekt oder Modellversuch beim Bundesamt für Justiz (BJ) angemeldet werden kann und so Bundesbeiträge generiert werden können. In diesem Fall wäre auch die notwendige wissenschaftliche Begleitung zusammen mit dem BJ aufzugleisen, heisst es im Vorstoss abschliessend.