Grosser Rat will Zugangsrecht für präventive Kontrolltätigkeit zur gezielten Bekämpfung von Strukturkriminalität

Grosser Rat will Zugangsrecht für präventive Kontrolltätigkeit zur gezielten Bekämpfung von Strukturkriminalität

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Nach längerer Pause tagt der aargauische Grosse Rat heute wieder ab 10 bis 17 Uhr, mit einer Mittagspause zwischen 12.30 und 14 Uhr. Auf der Traktandenliste befinden sich 31 Geschäfte. Effektiv sind es nur 30, weil eins infolge Abwesenheit des Einreichenden verschoben wird. Wir berichten fortlaufend über die Beschlüsse.

Mitteilungen des Präsidenten

Es ist 10 Uhr, Ratspräsident Markus Gabriel eröffnet die Sitzung. Er gratuliert Grossrätin Jacqueline Felder und Rolf Jäggi (beide SVP) zum Geburtstag. Anwesend sind 131 der 140 Grossrätinnen und Grossräte. Nun geht es in medias res.

Fraktionserklärung der SP zum Abstimmungsbüchlein

Nun spricht Carol Demarmels (SP) mit einer Fraktionserklärung. Es geht um das Abstimmungsbüchlein des Kantons zur Steuerabstimmung vom 18. Mai. Wenn darin rund 80 % der Aargauerinnen und Aargauer unerwähnt bleiben, sei das inakzeptabel, sagt Demarmels. Die 50 Prozent Aargauer/innen, die leer ausgehen, blieben faktisch unerwähnt. 20 Prozent profitierten nur minimal, kritisiert Demarmels weiter. Die Beispiele im Abstimmungsbüchlein beträfen nur jene mit einem steuerbaren Einkommen von über 50 000 Franken.

Umgekehrt sehe man nirgends die 10 Prozent Oberen, die besonders gewinnen. Gewiss seien die Rechenbeispiele im Abstimmungsbüchlein korrekt, doch fehlten viele andere Beispiele: "Das ist keine transparente Politik." Mehrere SP-Mitglieder haben deshalb Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht. Sie fordern 16 zusätzliche Beispiele in der Abstimmungsbroschüre.

Inpflichtnahme von Lorenz Kilchenmann.

Inpflichtnahme

Das zweite Traktandum betrifft die Kantonale Staatsanwaltschaft. Lorenz Kilchenmann wird als Leiter der Kantonalen Staatsanwaltschaft in Pflicht genommen.

Ersatzwahl Justizleitung

Ersatzwahl Justizleitung für den Rest der Amtsperiode 2023-2026; Mitglied und Ersatzmitglied; Bericht der Kommission für Justiz (JUS) vom 25. März 2025. Wahlvorschläge JUS/Büro sind: - Marc Busslinger, Untersiggenthal, Wahl als Mitglied der Justizleitung - Raphael Kathriner, Bottenwil, Wahl als Ersatzmitglied der Justizleitung Vorschlag: Stille Wahlen. Das geschieht so. Die beiden sind in stiller Wahl gewählt.

Wahl einer Ersatzrichterin/eines Ersatzrichters

Wahl einer Ersatzrichterin/eines Ersatzrichters am Obergericht (Verwaltungsgericht) für den Rest der Amtsperiode 2023-2026. Wahlvorschlag JUS/Büro: Caroline Lehner, Rombach, als Ersatzrichterin am Verwaltungsgericht. Auch sie wird in stoiller Wahl gewählt.

Kommissionen

Als nächstes nimmt der Grosse Rat von der Jahresberichterstattung der Geschäftsprüfungskommission (GPK) zur Kenntnis. Vorgestellt wird er von Präsidentin Lelia Hunziker (SP). Lesen Sie untenstehend die Mitteilung der GPK.

Es folgen Geschäfte des Volkswirtschaftsdepartements

Nun wird das Unvereinbarkeitsgesetz (UG) beraten: Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung. Referent der AVW ist Hanspeter Hilfiker (FDP). Es geht um Eintreten, die Detailberatung und Beschlussfassung.

Worum geht es? Mit der Motion der Fraktion Die Mitte (Sprecher Alfons Paul Kaufmann, Wallbach) vom 23. März 2021 betreffend Beseitigung einer durch die Aufhebung der Schulpflegen entstandenen Unvereinbarkeit zwischen dem Amt einer Gemeinderätin respektive eines Gemeinderats und der Tätigkeit als Lehrperson in der gleichen Gemeinde wurde der Regierungsrat aufgefordert, die durch die Abschaffung der Schulpflegen entstandene Unvereinbarkeit zwischen dem Amt einer Gemeinderätin beziehungsweise eines Gemeinderats und der Tätigkeit als Lehrperson in der gleichen Gemeinde zu beseitigen.

Das Unvereinbarkeitsgesetz (UG) ist dementsprechend einer Teilrevision unterzogen worden. Neben der Umsetzung der Motion wird das UG in folgenden weiteren Punkte geändert: Damit die bestehende Unvereinbarkeit des Amts als Mitglied des Gemeinderats nicht nur zur Mitgliedschaft in einer Finanzkommission, sondern auch zu derjenigen in der Geschäftsprüfungskommission klar zum Ausdruck kommt, werden die §§ 1 Abs. 2 lit. f sowie 6 Abs. 1 UG mit der Geschäftsprüfungskommission ergänzt.

Eine Änderung betreffend Beschränkung der Unvereinbarkeit zwischen Gemeinderatsamt und Präsidium der Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht auf den nämlichen Wahlkreis wird systematisch mit der Schaffung neuer Bestimmungen realisiert. Die Unvereinbarkeit zwischen der Mitgliedschaft in einer Schulleitung einer öffentlichen Schule der Gemeinde mit dem Gemeinderatsamt, unabhängig vom Pensum, wird durch eine entsprechende Ergänzung im UG geregelt. Eine weitere Anpassung ist in Bezug auf die Schulbehörden mittels Streichung von § 7 UG vorgenommen worden.

Der Rat heisst die Vorlage in zweiter Lesung mit 115 : 2 Stimmen gut.

Rückzug - keine öffentlichen Regierungssitzungen

Eine Motion von Sander Mallien (GLP) zur Öffentlichkeit von Verhandlungen des Regierungsrats wird von diesem abgelehnt. Mallien und seine Mitmotionäre ziehen den Vorstoss zurück.

Reduktion der Gefangenentransporte

Ein Postulat der Geschäftsprüfungskommission (Sprecherin Lelia Hunziker/SP) verlangt eine Reduktion der Gefangenentransporte im Kanton Aargau. Der Regierungsrat ist zur Entgegennahme mit einer Erklärung bereit. Der Vorstoss wird stillschweigend überwiesen.

Worum geht es? Der Regierungsrat wird im Vorstoss gebeten, zu prüfen, welche Massnahmen und Vorkehrungen zu ergreifen sind, damit die Anzahl der Transporte von Gefangenen im Kanton Aargau aus Sicherheitsgründen langfristig und anhaltend reduziert werden kann. Insbesondere sei aufzuzeigen, welche Möglichkeiten in den einzelnen Bereichen zur Reduktion der Gefangenentransporte bestehen, welche gesetzlichen Anpassungen notwendig und welche Kosten mit den Änderungen verbunden sind.

Kampf gegen Strukturkriminalität: "Menschenhandel wuchert wie Geschwür"

Nun verlangen Barbara Borer-Mathys, SVP, Holziken (Sprecherin) und Adrian Meier, FDP, Menziken, verlangen eine Änderung des Polizeigesetzes des Kantons Aargau (PolG) zur Schaffung eines Zugangsrechts – insbesondere für die präventive Kontrolltätigkeit zur Bekämpfung von Strukturkriminalität. Der Regierungsrat solle im kantonalen Polizeigesetz die gesetzliche Grundlage schaffen, damit die Kantonspolizei einBeiträge Visier der Motionäre scheinen beispielsweise Shisha-Bars, Barbershops, Bordelle zus ein.

Der Regierungsrat ist zur Entgegennahme beriet, bei Umwandlung in ein unverbindlicheres Postulat. Die Motionäre sind damit nicht einverstanden, so Borer-Mathys. Der Menschenhandel wuchere wie ein Geschwür. Man müsse handeln, die Regierung habe dann ja drei Jahre Zeit für die Umsetzung der Forderung.

Die FDP erklärt, sie würde den Vorstoss als Postulat unterstützen, jedoch nicht als Motion. Abgelehnt wird der Vorstoss auch von der SP und den Grünen: Strukturkriminalität müsse bekämpft werden, sagt Lelia Hunziker (SP). Doch da hörten die Gemeinsamkeiten mit dem Vorstos schon auf. Mit der Brandmarkung bestimmter Branchen diskriminiere man sie und stelle sie unter Generalverdacht, das gehe gar nicht.

Demgegenüber wird die Motion von der SVP unterstützt, ebenso von der Mitte und der EVP.

Dieter Egli: es braucht einen Anfangsverdacht

Namens der Regierung sagt Landammann Dieter Egli, Strukturkriminalität finde statt. Sie sei aber nicht offensichtlich, deshalb müsse man genau hinsehen, sie nachgerade aufstöbern. Kontrollen ohne Anfangsverdacht wären jedoch rechtsstaatlich sehr heikel, mahnt er. Die Regierung lehnt die Motion deshalb ab. Man dürfe das Kind nicht mit dem Bad ausschütten, so Egli.

Der Rat entscheidet mit 88 : 42 Stimmen klar für die Motion. Die FDP, die den Vorstoss eigentlich nur als Postulat überweisen wollte, schwenkte jetzt offenkundig auf die verbindliche Motion ein.

Zweite, ähnlich gelagerte Motion zum Informationsaustausch

In einer zweiten Motion verlangen Barbara Borer-Mathys, SVP, Holziken (Sprecherin), und Adrian Meier, FDP, Menziken, eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen zur Verstetigung des Informationsaustausches zwischen Behörden zur Bekämpfung von Strukturkriminalität. Der Regierungsrat soll beauftragt werden, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit im Kanton Aargau zwischen Kantons- und Gemeindebehörden einerseits und den Strafverfolgungsbehörden andererseits ein niederschwelliger Informationsaustausch zur Bekämpfung von Strukturkriminalität möglich wird.

Dieter Egli wehrt sich materiell auch gegen diesen Vorstoss, die Regierung würde ihn lediglich als Postulat zur Prüfung entgegennehmen. Auch wenn er als Motion überwiesen würde, würde die Regierung diese genau prüfen. Egli warnt "vor zu hohen Erwartungen".

Auch dieser Vorstoss wird mit 88 : 41 Stimmen gegen deren Willen an die Regierung überwiesen.

Änderung des Einführungsgesetzes zu den Bundesgesetzen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung

Der Grosse Rat hat einer vorgeschlagenen Änderung des Einführungsgesetzes zu den Bundesgesetzen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung (EG AHVG/IVG) am 5. November 2024 mit 118 zu 0 Stimmen (0 Enthaltungen) in erster Lesung zugestimmt. Der Bund muss die kantonalen Vollzugserlasse zur Durchführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und Invalidenversicherung (IV) genehmigen.

Anlässlich der Vorprüfung der Genehmigungsfähigkeit hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) den Wunsch geäussert, dass einige Bestimmungen des kantonalen Gesetzes mit Verweisen auf Bundesrecht ergänzt werden. Der Aargauer Regierungsrat hat dies in diesem Sinne ergänzt. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Weiter beantragt der Regierungsrat auf Hinweis des BSV hin, dass eine Delegationsnorm auf Stufe Gesetz geschaffen wird, damit der Regierungsrat die Modalitäten der Revision und Berichterstattung über die vom Kanton an die SVA Aargau übertragenen Aufgaben (zum Beispiel Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen) festlegen kann. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen am 1. Dezember 2025 in Kraft treten. Der Rat heisst die Vorlage in zweiter Lesung mit 126 : 0 Stimmen gut.

Altersguillotine 60 bei der Feuerwehr wird nicht gelockert

Nun verlangen Titus Meier, FDP, Brugg (Sprecher) und Bruno Tüscher, FDP, Münchwilen, eine Lockerung der Altersguillotine bei der Feuerwehr. Sie bitten den Regierungsrat, die in der Feuerwehrverordnung festgelegte Entlassung der Angehörigen der Feuerwehr bei Vollendung des 60. Altersjahres aus dem aktiven Feuerwehrdienst zu lockern. Sie begründen das so: Gemäss gültiger Verordnung müssen Feuerwehrleute spätestens nach Vollendung des 60. Altersjahrs aus dem aktiven Feuerwehrdienst entlassen werden. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die berufliche Stellung direkt mit der Funktion in der Feuerwehr verbunden ist.

Die Regierung lehnt den Vorstoss ab. Der zuständige Regierungsrat Jean-Pierre Gallati lobt, das Feuerwehrsystem funktioniere mit jährlich etwa 900 Ab- und Zugängen vorbildlich. Zum Glück habe die Feuerwehr im Aargau kein Personalproblem. Keine einzige Gemeinde habe diesen Wunsch der Motionäre an die Regierung herangetragen.

Die Motion wird deutlich mit 110 Nein : 30 Ja abgelehnt.

Wie ambulante medizinische Grundversorgung sichern?

In einem Postulat regen Severin Lüscher, Grüne, Schöftland (Sprecher) sowie C. Hochreuter, SVP, Erlinsbach, Dr. T. Hottiger, FDP, Zofingen, K. Faes, FDP, Schöftland, S. Freiermuth, FDP, Zofingen, H.-P. Budmiger, GLP, Muri, T. Dietiker, EVP, Aarau, Dr. J. Knuchel, SP, Aarau, Dr. L. Engeli, SP, Unterentfelden, A. Rotzetter, Mitte, Buchs, die Schaffung rechtlicher Grundlagen zur Verhinderung von medizinischer Unterversorgung im ambulanten Gesundheitssektor an.

Der Regierungsrat möge im Hinblick auf den durch die Gesundheitspolitische Gesamtplanung (GGpl 2030) nötig werdenden Gesetzgebungsprozess und im Lichte der bundesrechtlich einzuführenden «Einheitlichen Finanzierung» darlegen, wie der Kanton Aargau versorgungskritische Leistungen im ambulanten Gesundheitssektor, insbesondere in der medizinischen Grundversorgung und Chronic Care, sicherstellen und mit welchen rechtlichen Grundlagen und flankierenden Massnahmen er regional drohende oder manifeste Unterversorgung verhindern will.

Die Regierung ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen. Es wird stillschweigend überwiesen.

Rapid-Responder-Systems im Kantons Aargau?

Als nächstes will Tobias Hottiger, FDP, Zofingen, mit einem Postulat den Aufbau eines Rapid-Responder-Systems im Kantons Aargau anregen. Der Regierungsrat wird aufgefordert, die Einführung eines Rapid-Responder-Systems im Kanton Aargau zu prüfen. First Responder sind Personen, die in der Anwendung von lebensrettenden Sofortmassnamen und des automatischen externen Defibrillators ausgebildet sind. Sie können durch die Sanitäts-Notrufzentrale für medizinische Notfälle (Herz-Kreislauf-Stillstand) aufgeboten werden. Der Regierungsrat lehnt dies nach vertiefter Prüfung ab und begründet es auch. Hottiger erklärt jetzt im Grossen Rat, die Argumente der Regierung leuchteten ihm ein, das würde heute nicht gehen. Er hält den Vorstoss nicht aufrecht.

Automatisierte Auszahlung der Prämienverbilligungen?

In einem Postulat verlangen Lucia Engeli, SP, Unterentfelden (Sprecherin), Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri, Carol Demarmels, SP, Obersiggenthal, Therese Dietiker, EVP, Aarau, Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau, Dr. Severin Lüscher, Grüne, Schöftland, Isabelle Schmid, Grüne, Tegerfelden, die Prüfung der automatisierten Auszahlung der Prämienverbilligung für den unteren Mittelstand.

Die Regierung ist unter gleichzeitiger Abschreibung zur Entgegennahme bereit. Mit der Abschreibung ist Engeli überhaupt nicht einverstanden. So ein automatisiertes System funktioniere in anderen Kantonen. Von bürgerlicher Seite wird durch ein solches System zusätzlicher bürokratischer Aufwand befürchtet, derweil das heutige Antragsprinzip funktioniere.

Der Vorstoss ziele im Kern darauf ab, ein Giesskannenprinzip einzuführen, sagt zum Schluss der Debatte Gesundheitsdirektor Gallati. Wenn es möglich wäre, würde man sich die sofortige Vollautomatisierung wünschen, sagt er. Er plädiert für Entgegennahme unter gleichzeitiger Abschreibung, weil die Regierung alles Erfragte umfassend abgeklärt habe.

Das Postulat wird überwiesen, der Rat schreibt es mit 103 : 26 gleichzeitig ab.

Rat berät jetzt das Gesetz zur Informationssicherheit

Als nächstes geht es um ein grösseres Geschäft, nämlich um das Gesetz über die Informationssicherheit. Es kommt zur ersten Beratung ins Kantonsparlament.

Worum geht es? Der rasante Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft sowie die Digitalisierung bergen ungeahnte Chancen, jedoch auch erhebliche Risiken. Dies schreibt der Regierungsrat in seiner Botschaft zum Informationsgesetz an den Grossen Rat. Die zunehmende Abhängigkeit von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mache auch den Kanton Aargau verwundbarer gegenüber Ausfällen, Störungen und Missbräuchen dieser Technologien, namentlich nehmen die Angriffe auf Verwaltungssysteme stark zu, schreibt die Regierung weiter.

Die Gewährleistung der Informationssicherheit gehöre zum Risikomanagement eines jeden Gemeinwesens und eines jeden Unternehmens. Sie umfasse die Gesamtheit aller Anforderungen und Massnahmen, mit denen die Vertraulichkeit, die Verfügbarkeit, die Integrität und die Nachvollziehbarkeit von Informationen gewährleistet werden kann.

Zur Sicherstellung der Informationssicherheit sind oft Einschränkungen verfassungsmässiger Rechte und die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten notwendig, heisst es weiter. Vor diesem Hintergrund seien für die Informationssicherheit einheitliche gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Im Wesentlichen gelte es, technologieneutral die Grundzüge betreffend die Informationssicherheit gesetzlich zu normieren und den Herausforderungen in diesem Bereich gesamtheitlich für die ganze Kantonale Verwaltung zu begegnen.

Deutlich schlanker als das Bundesgesetz

Das Gesetz soll auf die Risiken, Bedürfnisse und Möglichkeiten des Kantons Aargau ausgerichtet werden. Es ist mit seinen 32 Paragrafen deutlich schlanker als das am 1. Januar 2024 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Informationssicherheit beim Bund (Informationssicherheitsgesetz, ISG), welches über 100 Bestimmungen umfasst. Für die Gemeinden und andere Träger öffentlicher Aufgaben soll das Gesetz nur insoweit Geltung haben, als sie klassifizierte Informationen des Kantons bearbeiten oder deren Informatikmittel nutzen. Damit werde ein Mindestsicherheitsstandard für Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Institutionen gesetzlich vorgegeben. Dies sei mit Blick auf eine flächendeckende Informationssicherheit der kantonalen Gemeinwesen angezeigt.

Dies sagte Kommissionspräsident Hanspeter Hilfiker zur Vorlage

Die Kommission AVW hat das Gesetz über die Informationssicherheit (InfoSIG) a beraten. Die Notwendigkeit eines Gesetzes wurde in der Diskussion von allen Parteien anerkannt, so Hilfiker. Botschaft und Gesetzesentwurf verdankt. Das Eintreten war unbestritten.

Im Rahmen der Diskussionen wurden verschiedene Punkte und Anliegen besprochen.

Kritik aus der Kommission

Aus der Mitte der Kommission wurde darauf hingewiesen, dass internationale Hyperscaler (Microsoft, SAP, IBM oder Google) und die Tatsache, dass vermehrt cloudbasierte Dienste in Anspruch genommen werden, kaum berücksichtigt werden.

Diskutiert wurden auch die vorgesehenen Personensicherheitsprüfungen. Sie können aufwendig werden; einige Kommissionsmitglieder sehen die Gefahr, so Hilfiker, dass durch die neuen Regelungen, die administrativen Hürden steigen und beispielsweise die Gemeinden vor grossen Aufwendungen stehen. In diesem Zusammenhang werden die vorgesehenen 170 Stellenprozent in Frage gestellt.

Insgesamt sehen alle Kommissionsmitglieder die Notwendigkeit, dass sich Kanton und Gemeinden mit den Fragen der Informationssicherheit intensiv auseinandersetzen müssen. Der mit der Vorlage gezeichnete Weg wird im Grundsatz unterstützt. Der Einbezug der Stellungnahmen verschiedener Verbände wird anerkannt.

In den Diskussionen von Botschaft und Synopse wurden laut Hilfiker verschiedene Beantwortungen auf die zweite Lesung in Aussicht gestellt:

-      Etwa die Klärung des Personenkreises, der sich gemäss §21 Abs 1 lit g-i, einer weiteren Abklärung zu unterziehen hat (es dürften etwa 320 Personen sein)

-      Oder die Klärung der rechtlichen Zulässigkeit der in §24 angestrebten Abfrage der Eigentumsverhältnisse von Unternehmen (v.a. bei börsenkotierten AGs).

Bei der Beratung der Synopse wurden verschiedene Anträge eingebracht:

-      So ein Prüfungsantrag, ob §7 Abs. 2 bis 4 OHNE beinhaltete Begründung formuliert werden kann. Dieser Prüfungsantrag wurde mit 10 zu 5 Stimmen abgelehnt, bleibt aber als Minderheitsantrag bestehen.

Zur Personensicherheitsprüfung wurde bei §22 Abs. 4 der Antrag gestellt, so Hilfiker weiter, dass die geprüfte Person Gelegenheit haben soll, «das Ergebnis und die erhobenen Unterlagen einzusehen». Dieser Antrag wurde mit 11 Ja zu 4 Enthaltungen angenommen.

Schliesslich wurde bei §27 Abs. 1 der Prüfungsantrag eingebracht, wonach der strategische Ausschuss nicht ausschliesslich mit politischen Funktionsträgern zu besetzen sei. Dieser Antrag wurde mit 15 Ja-Stimmen einstimmig gutgeheissen.

Die Kommission AVW hat schliesslich dem regierungsrätlichen Antrag, den Entwurf des neuen Gesetzes über die Informationssicherheit in erster Beratung zum Beschluss zu erheben, einstimmig zugestimmt.

Eintreten auf das Gesetz ist unbestritten.

In der Detailberatung geht es um vergleichsweise wenige umstrittene Punkte.

In Paragraf 7, Absätze 2 bis 4 heisst es laut Regierungsvorschlag:

"2 Um allfälligen schwerwiegenden Verletzungen der Informationssicherheit, welche die Aufgabenerfüllung gefährden könnten, begegnen zu können, sind Notfall- und Vorsorgeplanungen zu erstellen und regelmässig zu aktualisieren.

3 Die Widerstandsfähigkeit der Prozesse und Massnahmen ist kontinuierlich zu überprüfen und bei Vorliegen sicherheitsrelevanter Defizite sind unverzüglich entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

4 Das Vorgehen bei Verletzungen der Informationssicherheit und das Ergreifen präventiver und prädiktiver Massnahmen zu deren Minimierung sind kontinuierlich zu üben beziehungsweise zu evaluieren."

Ein Minderheits-Prüfungsantrag beantragt nun, auf die 2. Beratung hin zu prüfen, ob § 7 Abs. 2 bis 4 ohne beinhaltete Begründung formuliert werden könne.

Die Regierung lehnt den Minderheitsantrag ab. Es brauche hier eine klare Unterscheidung, sagt der zuständige Regierungsrat Markus Dieth. Der Rat stimmt ab und heisst mit 69 Ja : 58 Nein den Minderheits-Prüfungsantrag gut.

Personalaufbau knapp halten

Zu Paragraf 20 stellt die FDP einen Prüfungsantrag, es sei zu prüfen, ob der Personalaufbau auf das Nötigste beschränkt werden kann (1,7 Stellen sind geplant). Der Rat überweist mit 70 : 59 diesen Prüfungsantrag für die zweite Lesung.

Bei Paragraf 22 heisst es in Absatz 4 zum Thema Personensicherheitsüberprüfung: "Der geprüften Person ist Gelegenheit einzuräumen, zum Ergebnis der Personensicherheitsüberprüfung (PSP) Stellung zu nehmen und falsche Daten zu berichtigen..

Die Kommission AVW schlägt stattdessen folgende Formulierung vor:
Absatz 4: "Der geprüften Person ist Gelegenheit einzuräumen, das Ergebnis und die erhobenen Unterlagen einzusehen, […] Stellung zu nehmen und falsche Daten zu berichtigen." Die Regierung ist einverstanden, so beschlossen.

In Paragraf 25 soll geprüft werden, so ein Prüfungsantrag, wie die Fachstelle für Informationssicherheit kontrolliert wird. Der Rat stimmt auch hier mit 69: 59 zu.

In Paragraf 27 "Cyber-Ausschuss" schlägt die Regierung vor: 1 Der Cyber-Ausschuss besteht aus der Vorsteherin oder dem Vorsteher der Departemente Volkswirtschaft und Inneres sowie Finanzen und Ressourcen und aus der Staatsschreiberin oder dem Staatsschreiber. Ein Prüfungsantrag schlägt vor, auf die zweite Beratung sei eine Anpassung von Paragraf 27 Abs. 1 zu prüfen, wonach der strategische Ausschuss nicht ausschliesslich mit politischen Funktionsträgern besetzt wird. Die Regierung ist einverstanden, der Rat stimmt zu.

Paragraf 28: Ein weiterer Prüfungsantrag möchte die Cyberkoordination statt der Kantonspolizei innerhalb der Kantonsverwaltung zuordnen. Auch dieser Antrag wird gutgeheissen, diesmal mit 85 : 41.

Jetzt heisst der Rat das Gesetz in erster Beratung 128 : 0 gut. Die Regierung bzw. das Finanzdepartement hat jetzt mit Blick auf die zweite Beratung diverse Prüfungsanträge klären und beantworten.

SP zieht Fraktion zurück

Als nächstes ist eine Motion der SP-Fraktion betreffend Ausweitung Modul 1 der Aufgaben- und Leistungsanalyse (ALAN) auf unterfinanzierte Aufgabenfelder. Die Regierung lehnt den Vorstoss ab. Carol Demarmels zieht den Vorstoss namens der Fraktion zurück. Man werde bei anderer Gelegenheit darauf zurückkommen.

Vorstoss Scholl zur Besteuerung von PV-Anlagen überwiesen

In einer Motion wollen Bernhard Scholl, FDP, Möhlin (Sprecher), Gabriel Lüthy, FDP, Widen, Adrian Meier, FDP, Menziken, den Regierungsrat beauftragen, bei der Einkommensbesteuerung des Ertrages aus Photovoltaikanlagen auf das Nettoprinzip gemäss der Schweizerischen Steuerkonferenz umzustellen, wie es bei der Mehrzahl der umliegenden Kantone Praxis ist. Es sei wenig sinnvoll, so die Motion, die vom Bund mittels Einmalvergütung subventionierte und umweltschonende Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen höher als die meisten Kantone zu besteuern.

Die Regierung ist zur Entgegennahme mit einer Erklärung bereit, der Vorstoss wird stillschweigend überwiesen.

Vorstoss für Axpo-Konzernleitungs-Lohndeckelung überwiesen

In einer Motion der Fraktionen SVP, SP, FDP (Sprecher Adrian Meier, Menziken), Mitte, Grüne, GLP und EVP verlangen diese eine Lohndeckelung für die Mitglieder der Konzernleitung der Axpo Holding AG. Konkret soll er sich mit seinen Anteilen der Axpo Holding AG dafür einsetzen, dass die Gesamtvergütung für die Mitglieder der Konzernleitung der Axpo Holding AG gedeckelt wird.

Tatsächlich hat sich die Regierung inzwischen innerhalb der Axpo erfolgreich für eine Neuregelung stark gemacht. Sie ist denn auch mit einer Erklärung zur Entgegennahme der Motion bereit. Dazu gibt es im Rat keine Wortmeldungen. Der Vorstoss wird stillschweigend überwiesen.

Damit sind wir früher als erwartet am Ende der heutigen Ratsdebatte, Ratspräsident Markus Gabriel beschliesst die Sitzung.

Übrigens: Die nächste Grossratssitzung findet dann am 13. Mai statt. Sie beginnt schon um 08.30 Uhr und dauert lediglich bis 10.45 Uhr. Der Grund liegt darin, dass die Fraktionen danach ihre Jahresausflüge machen.

Ihnen einen schönen Abend!

Danke fürs Lesen dieser Berichterstattung und melden Sie bitte an mich, falls Sie Fehler entdecken: mathiaskueng@bluemail.ch