Grosser Rat: SVP will heute Dienstag mit Standesinitiative Druck machen für Ständemehr bei den "Bilateralen III"

Der Schweiz steht mit den "Bilateralen III" ein zukunftsweisender Urnengang bevor. Dabei reicht nach Auffassung des Bundesrates bei einer Volksabstimmung ein Volksmehr. Ein Ständemehr brauche es nicht. Angesichts dieser Ausgangslage will die SVP-Fraktion im aargauischen Grossen Rat mit einem Antrag auf Direktbeschluss (Sprecherin Barbara Borer-Mathys, Holziken) eine Standesinitiative für ein obligatorisches Staatsvertragsreferendum gemäss Art. 140 BV (Ständemehr) für diese Abstimmung erwirken.
Schon zuvor haben die Aargauer SVP-Nationalrätinnen und Nationalräte in einem offenen Brief an den Regierungsrat für diese Standesinitiative geworben, in dem sie etwa festhielten, ein Ständemehr sei hier ihres Erachtens Pflicht. Damit soll die Bundesversammlung aufgefordert werden, die Abstimmung über die EU-Verträge dem obligatorischen Referendum zu unterstellen und damit auch den Ständen eine Stimme zu geben. Art. 140 der Bundesverfassung regle, welche Vorlagen Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt werden (Abs. 1) und in welchen Angelegenheiten einzig das Volksmehr zur Anwendung gelangt (Abs. 2). EU.
Der Bundesrat wolle die Abstimmung nicht dem obligatorischen Referendum unterstellen und habe das Ständemehr ausgeschlossen, wobei er offenbar gespalten war, so die SVP-Fraktion. Zur Frage der Anwendbarkeit des obligatorischen Referendums habe sich die sogenannte «sui generis-Praxis» gebildet. Die „sui generis“-Praxis des Bundesrates bzw. der Bundesbehörden bezeichnet im Zusammenhang mit völkerrechtlichen Verträgen (wie etwa einem Rahmenabkommen mit der EU) eine besonders gelagerte Einzelfallbeurteilung, bei der ein Vertrag nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt wird, obwohl er gewisse Merkmale eines Beitritts zu einer supranationalen Organisation aufweise.
Beim EWR-Vertrag 1992 galt freiwillig auch das Ständemehr
Der Bundesrat hat seinerzeit den EWR-Vertrag freiwillig dem Ständemehr unterworfen, womit dessen Schicksal in der Volksabstimmung 1992 besiegelt war. Seither ringt die Schweiz praktisch ohne Unterbruch mit der EU um für beide Seiten akzeptable Verträge.
Sitzung beginnt heute um 10 Uhr
Der Antrag der SVP auf Direktbeschluss ist das erste Traktandum in der Grossratssitzung von heute Dienstag. Die Sitzung beginnt um 10 Uhr. Verfolgen Sie die Debatte auf aargauerpolitik.ch