Grosser Rat Aargau will keinen freien Halbtag mehr am 1. Mai für Kantonsangestellte

Grosser Rat Aargau will keinen freien Halbtag mehr am 1. Mai für Kantonsangestellte
Grüne und SP-Grossräte demonstrieren mit einer roten Nelke am Revers vor dem Grossratsgebäude für den freien Nachmittag für Kantonsangestellte am 1. Mai. Foto: MKU

Jetzt geht es um eine Motion von Fabian Schütz, SVP, Windisch (Sprecher), Patrick von Niederhäusern, SVP, Brugg, Tim Voser, FDP, Neuenhof, "betreffend Gleichstellung des Aargauer Kantonspersonals bei der Handhabung des 1. Mai als Feiertag".

Die Debatte begann schon letzte Woche, sie wird jetzt zu Ende geführt.

Worum geht es? Die Motionäre wollen den Regierungsrat beauftragen, die geltende Regelung, wonach Kantonsangestellte am Nachmittag des 1. Mai frei haben, zu streichen. Sie begründen das so: Der Kanton definiere im Einführungsgesetz zum Arbeitsrecht acht gesetzliche Feiertage zusätzlich zum Bundesfeiertag. Damit ergeben sich in der Privatwirtschaft in der Regel 9 Feiertage pro Jahr.

Kantonsangestellte in Aarau: 10,5 Feiertage pro Jahr

In der Personal- und Lohnverordnung gewähre der Kanton seinen Mitarbeitern insgesamt 10.5 Feiertage und damit 1.5 Tage mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Neben den obengenannten gesetzlichen Feiertagen haben die Mitarbeiter in Aarau zusätzlich am Maienzug und am Nachmittag des 1. Mai frei. Damit privilegiere der Kanton seine Angestellten und konkurriere KMU "unverhältnismässig auf dem Arbeitsmarkt in Zeiten des Fachkräftemangels".

Personal- und Gewerkschaftsprotest

Gewerkschaftsvertreterinnen und - vertreter haben schon letzten Dienstag vor dem Grossratsgebäude gegen solche Pläne protestiert.

Protestiert hat auch Bildung Aargau. Die geplante Abschaffung des freien 1.-Mai-Nachmittags für das Staatspersonal im Kanton Aargau setze ein fatales Zeichen mangelnder Wertschätzung, hiess es schon letzten Dienstag in einer Medienmitteilung. Dieses kleine Zugeständnis sei für viele ein wichtiges Symbol der Anerkennung, vor allem für die hoch engagierten Bildungsschaffenden, die tagtäglich weit über ihre Unterrichtspflichten hinaus Verantwortung tragen.

In Zeiten des Fachkräftemangels und steigenden Drucks könne eine solche Entscheidung massive negative Auswirkungen auf Motivation und Attraktivität staatlicher Berufe haben, schreibt die von Grossrätin Colette Basler präsidierte Bildung Aargau.  Bildung Aargau ruft dazu auf, "diese Entscheidung vor der Abstimmung nochmals kritisch zu überdenken und den Wert guten Personals endlich in Taten statt nur Worten sichtbar zu machen".

In der Debatte wird der Vorstoss von SVP und FDP augenscheinlich unterstützt, von Mitte-Links wird er abgelehnt. Das sei bürgerlicher Klassenkampf, schimpft Stefan Dietrich (SP). Betroffen davon wären 17 000 Menschen im Kanton. Da sei respektlos. Man werde dafür kämpfen, dass der 1. Mai für alle frei werde. Tim Voser dagegen plädiert für gleiche Spiesse zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst.

Abschliessend empfiehlt Finanzdirektor Markus Dieth, die Motion abzulehnen, der Regierungsrat würde sie aber als Postulat zur Prüfung entgegennehmen. Derzeit werde eh die Personalverordnung revidiert. Eine isolierte Streichung ohne eine vorherige Gesamtsicht würde bei den 17 000 Betroffenen jedoch zu Unverständnis führen, sagt Dieth.

Der Rat stimmt jetzt ab: Er überweist die Motion mit 71 : 62 Stimmen an den Regierungsrat.