Grosser Rat Aargau: heute Dienstag fällt der Entscheid: sinken die Kantonssteuern um 8 Prozentpunkte? - heftiger Streit um halben Freitag am 1. Mai
Wer die Debatte des Grossen Rates vom vergangenen Dienstag verfolgen konnte, weiss, dass heute Dienstag ein harter Fight zwischen Rechts und Mitte-Links bevorsteht. Traktandiert ist der Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2026 - 2029. Im Vordergrund steht natürlich das Budget 2026, bei dem eine Mehrheit der vorberatenden Kommission gegen massiven Protest von links Einsparungen vorschlägt.
Verfolgen Sie die Debatte des Grossen Rates am Dienstag ab 10 Uhr auf aargauerpolitik.ch
Vor allem aber wird es am Schluss der Debatte darum gehen, ob der Steuersatz für natürliche Personen für 2026 von derzeit 108 auf 103 oder auf 100 Prozentpunkte sinken soll. Dass er sinkt, ist klar. Eine deutliche bürgerliche Mehrheit ist wie der Regierungsrat für eine Senkung um 5 Prozentpunkte zu haben. Darum gingen 100 Millionen Franken an die Steuerzahlenden zurück, die sie in den Jahren zuvor zuviel einbezahlt haben.
Setzen sich SVP und FDP durch?
SVP/EDU und FDP reicht das allerdings nicht. Angesichts einer 1,1 Milliarden Franken schweren Ausgleichsreserve des Kantons pochen diese beiden Fraktionen auf eine Senkung um 8 Prozentpunkte. Sie haben 73 von 140 Sitzen. Wenn die Fraktionen diszipliniert stimmen und möglichst niemand fehlt, können sie diese Senkung durchsetzen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden SP und Grüne am Schluss dann das Budget ablehnen.
Keine Steuerrückvergütung
Schon vor einer Woche hat der Grosse Rat eine ursprünglich von ihm selbst bei der Regierung in Auftrag gegebene Vorlage zur Steuerrückvergütung in guten Zeiten abgelehnt. Das sei zu kompliziert, war ein wichtiges Argument, eine direkte Senkung sei effizienter.
Müssen Kantonsangestellte am 1. Mai künftig den ganzen Tag arbeiten?
Höchst umkämpft sein wird am Dienstag schon zu Begionn der Sitzung eine Motion von Fabian Schütz, SVP, Windisch (Sprecher), Patrick von Niederhäusern, SVP, Brugg, Tim Voser, FDP, Neuenhof, "betreffend Gleichstellung des Aargauer Kantonspersonals bei der Handhabung des 1. Mai als Feiertag".
Privatwirtschaft: in der Regel neun Feiertage pro Jahr
Die Motionäre wollen den Regierungsrat beauftragen, die geltende Regelung, wonach Kantonsangestellte am Nachmittag des 1. Mai frei haben, zu streichen. Sie begründen das so: Der Kanton definiere im Einführungsgesetz zum Arbeitsrecht acht gesetzliche Feiertage zusätzlich zum Bundesfeiertag. Damit ergeben sich in der Privatwirtschaft in der Regel 9 Feiertage pro Jahr.
Kantonsangestellte in Aarau: 10,5 Feiertage pro Jahr
In der Personal- und Lohnverordnung gewähre der Kanton seinen Mitarbeitern insgesamt 10.5 Feiertage und damit 1.5 Tage mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Neben den obengenannten gesetzlichen Feiertagen haben die Mitarbeiter in Aarau zusätzlich am Maienzug und am Nachmittag des 1. Mai frei. Damit privilegiere der Kanton seine Angestellten und konkurriere KMU "unverhältnismässig auf dem Arbeitsmarkt in Zeiten des Fachkräftemangels".
Personal- und Gewerkschaftsprotest
Gewerkschaftsvertreterinnen und - vertreter haben schon letzten Dienstag vor dem Grossratsgebäude gegen solche Pläne protestiert.
Protestiert hat auch Bildung Aargau. Die geplante Abschaffung des freien 1.-Mai-Nachmittags für das Staatspersonal im Kanton Aargau setze ein fatales Zeichen mangelnder Wertschätzung, hiess es schon letzten Dienstag in einer Medienmitteilung. Dieses kleine Zugeständnis sei für viele ein wichtiges Symbol der Anerkennung, vor allem für die hoch engagierten Bildungsschaffenden, die tagtäglich weit über ihre Unterrichtspflichten hinaus Verantwortung tragen.
In Zeiten des Fachkräftemangels und steigenden Drucks könne eine solche Entscheidung massive negative Auswirkungen auf Motivation und Attraktivität staatlicher Berufe haben, schreibt die von Grossrätin Colette Basler präsidierte Bildung Aargau. Bildung Aargau ruft dazu auf, "diese Entscheidung vor der Abstimmung nochmals kritisch zu überdenken und den Wert guten Personals endlich in Taten statt nur Worten sichtbar zu machen".