Glarner: "Psychischer Druck ist kein Asylgrund"

In einer neu eingereichten Motion ersucht Nationalrat Andreas Glarner (SVP/AG) den Bundesrat, in Art. 3 Abs. 2 des Asylgesetzes die Wendung «Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken», zu streichen.

Er begründet diese Forderung so: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) weite den Flüchtlingsbegriff ständig aus. Gemäss Art. 3 Abs. 1 AsylG gilt als Flüchtling, wer in seinem Heimat- oder Herkunftsstaat wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Abs. 2 definiert die ernsthaften Nachteile. Als solche gelten «namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken».

Wird das Kriterium des psychischen Druckes nicht zurückhaltend angewandt, können z.B. geschlechtsspezifische Diskriminierungen von Frauen in patriarchalischen Gesellschaften zu einer sehr hohen Asylgewährungsquote führen", befürchtet Glarner. Genau das sei mit der SEM-Praxisänderung zu Afghaninnen geschehen: Wenn vorher 36% und seither plötzlich 98% aller Asylgesuche afghanischer Frauen gutgeheissen werden, sei es offensichtlich, schreibt er in seiner Motion, "dass die Schwelle für den «unerträglichen psychischen Druck» massiv gesenkt wurde".

Diese Senkung der Asylschwelle "auf das Niveau einer blossen Diskriminierung" führe dazu, dass Frauen aus vielen anderen, sie ebenfalls aus religiösen Gründen diskriminierenden Staaten auch Asyl erhalten werden.

Rechtsprechung verlangt bestimmte Intensität erlittener Nachteile

Die Rechtsprechung verlangt eine bestimmte Intensität erlittener Nachteile für eine Asylgewährung. Eine geschlechtsspezifische Diskriminierung stelle für sich allein keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung dar (vgl. auch EMARK 2006/32 E.8.7.3), schreibt Glarner weiter. Der Unterschied zwischen Diskriminierung und flüchtlingsrechtlicher Verfolgung liege in der Intensität des Eingriffs (ebd.).

Als das Bundesverwaltungsgericht im Falle von Frauen und Mädchen in Somalia eine Kollektivverfolgung annahm, verlangte es nicht nur die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht, sondern zusätzlich das Verfolgungsmotiv der Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan, die interne Vertreibung und das Fehlen des Schutzes durch einen erwachsenen männlichen Verwandten (vgl. BVGE 2014/2024/27 E.6.6). Das Bundesverwaltungsgericht habe wiederholt festgestellt, so Glarner weiter, "dass die Anforderungen an eine Kollektivverfolgung sehr hoch sind. Das widerspiegelt sich aber nicht in der Praxis des SEM, weshalb sich die Anpassung aufdrängt".