Gefangenentransporte: Grossratskommission sieht Handlungsbedarf
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantons Aargau hat die Prüfergebnisse ihrer Subkommission IV zur Prüfung "Gefangenentransportwesen im Kanton Aargau, insbesondere die Schnittstellen sowie die Auslagerung und Zusammenarbeit mit Dritten" einstimmig verabschiedet. Die Kommission stellt Mängel hinsichtlich der überproportionalen Zunahme von Transporten sowie der Selektion und Ausbildung von Mitarbeitenden von Drittanbietern fest. Sie fordert den Regierungsrat mittels eines Kommissionsvorstosses auf, die im Bericht vorgeschlagenen Massnahmen zu prüfen und umzusetzen. Dies teilt die GPK mit.
Die Subkommission IV der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantons Aargau hat das Gefangenentransportwesen im Kanton Aargau, insbesondere die Schnittstellen sowie die Auslagerung und Zusammenarbeit mit Dritten, geprüft und die Ergebnisse festgehalten. Sie wurden von den Mitgliedern der GPK einstimmig verabschiedet.
"Belastungsgrenze erreicht – Handlungsbedarf dringend"
Die Gefangenentransporte im Kanton Aargau haben eine erhebliche Zunahme erfahren. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 stiegen die Transporte insgesamt um 19,5 Prozent. "Die Belastungsgrenze der Kantonspolizei ist angesichts der starken Zunahme der Gefangenentransporte seit 2017 erreicht. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die Sicherheit zu gewährleisten und die Abläufe zu optimieren," so Lelia Hunziker, Präsidentin der für die Prüfung zuständigen GPK-Subkommission IV. Die Zunahme der Transporte führte auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem privaten Sicherheitsdienst Securitas AG.
Die Zunahme der Gefangenentransporte im Kanton Aargau hat mehrere Ursachen. Eine wesentliche Rolle spielen häufigere erkennungsdienstliche Behandlungen, welche interne Transporte bei der Kantonspolizei um 98,5 Prozent ansteigen liessen. Zudem nahm die Anzahl von Gerichtsverhandlungen um 20,5 Prozent zu, was zusätzliche Transporte erfordert. Transporte für Arzt- und Spitalbesuche von Gefangenen stiegen um 107 Prozent an, da die Gefängnisse keinen eigenen ärztlichen Dienst haben. Die alternde Gefangenenpopulation verschärft diesen Bedarf weiter. Zusätzlich belastet die überlastete Verkehrsinfrastruktur die Abläufe. Diese Faktoren führen gemeinsam zu einer steigenden Anzahl von Transporten, welche die Kapazitäten der Kantonspolizei stark beanspruchen.
Sicherheits- und Qualitätsmängel bei der Auslagerung an Dritte
Die Zusammenarbeit mit der privaten Sicherheitsfirma Securitas AG erfolgt zur Entlastung der Kantonspolizei im Gefangenentransportwesen des Kantons Aargau. Die Auslagerung hilft, Kapazitätsschwankungen auszugleichen, birgt jedoch aus Sicht der Kommission Sicherheitsrisiken. Trotz eines sorgfältigen Vergabeprozesses gab es Vorfälle, etwa die Flucht von Amin T. im Jahr 2022, welche Zweifel an der Auswahl und Kontrolle der externen Mitarbeitenden aufkommen lassen.
Die GPK kritisiert laut Mitteilung, dass Anforderungen an Berufserfahrung und Ausbildung der externen Mitarbeitenden unzureichend definiert sind. Im Rahmen der Prüfung stellte die Kommission fest, dass bezüglich des Umgangs mit Fehlern von externen Mitarbeitenden keine klaren Abläufe und Massnahmen bestehen. Für die Kommission ist unumstritten: eine klare, transparente und gelebte Fehlerkultur ist gerade in diesem heiklen Bereich zentral.
Die GPK fordert daher strengere Auswahlkriterien, regelmässige Schulungen und mehr Transparenz, um die Sicherheit künftig zu gewährleisten. Lelia Hunziker fasst zusammen: "Die Auslagerung an private Sicherheitsdienste zeigt Mängel bei der Auswahl und Kontrolle der Mitarbeitenden. Wir fordern strengere Kriterien, regelmässige Schulungen und konsequente und transparente Fehlerkultur, um allfällige Vorfälle künftig zu verhindern und die Sicherheit zu gewährleisten."
Ineffizientes Vorgehen bei der Haftentstehungsprüfung
Die GPK bemängelt zudem das Vorgehen im Zusammenhang mit Hafterstehungsfähigkeitsprüfungen. Für die Patrouillen der Kantonspolizei ergeben sich oft lange Wartezeiten von bis zu mehreren Stunden, wenn sie auf Ärzte warten. Die Kommission empfiehlt, zu prüfen, ob diese Abklärungen künftig durch eine zentrale Stelle im Kanton Aargau – beispielsweise die Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) oder einem der Kantonsspitäler – erbracht werden können, um die Wartezeiten zu reduzieren.
Effizienzsteigerung, Infrastruktur und höhere Anforderungen an Externe
Zusammenfassend empfiehlt die GPK mehrere Massnahmen zur Verbesserung des Gefangenentransportwesens im Aargau. Die Zahl der Transporte soll durch effizientere Organisation und Nutzung zentraler Infrastrukturen, wie beispielsweise erkennungsdienstliche Behandlungen, integrierende medizinische Versorgung sowie Haftverhandlungen im Gefängnis Lenzburg, reduziert werden. Ärztliche Sprechstunden in Gefängnissen könnten Arzt- und Spitaltransporte verringern. Zudem wird die Einrichtung einer zentralen Stelle im Kanton für Hafterstehungsfähigkeitsprüfungen vorgeschlagen, um lange Wartezeiten für die ärztliche Begutachtung zu vermeiden.
Für externe Mitarbeitende im Gefangenentransportwesen sollen regelmässige Auffrischungskurse eingeführt und höhere Anforderungen an Berufserfahrung und Ausbildung gestellt werden. Klare Regeln für die Auswahl und Konsequenzen bei Fehlverhalten sollen die Sicherheit weiter verbessern. Die Kommission fordert den Regierungsrat in einem am 17. Dezember 2024 eingereichten Kommissionsvorstoss auf, die vorgeschlagenen Massnahmen zu prüfen und umzusetzen.