FDP-Grossräte wollen taktische Baueinsprachen erschweren - Grosser Rat überweist Postulat

In einer Motion schreiben Adrian Schoop, FDP, Baden (Sprecher) und Tim Voser, FDP, Neuenhof, dass Einsprachen und Beschwerden in Baubewilligungsverfahren Bauprojekte verzögern oder vereiteln. Eine Ursache für die Flut an Einsprachen und Beschwerden sei, dass beim Prozessieren in Bausachen kaum Kostenfolgen drohen.
Die beiden wollen daher den Regierungsrat beauftragen, die Bestimmungen zu den Kosten so anzupassen, dass (a) bereits Einsprachen, die offensichtlich missbräuchlich erhoben werden, für Einsprecher Kostenfolgen nach sich ziehen1 sowie (b) die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Verfahrenskosten und Parteientschädigungen) generell erhöht werden.
Einsprachen "wurden zum Volkssport"
Die Motionäre begründen dies so: Schweizweit werden laufend Fälle publik, in denen einzelne Personen mit Eineprachen und Beschwerden Bauprojekte auf Eis legen: "Nicht vor meiner Aussicht". Rechtsmittel in Bausachen seien zum Volkssport geworden. Unter den Folgen leide nicht nur die Bauherrschaft. Einsprachen haben bereits volkswirtschaftliche Bedeutung erlangt.
Eine Auswertung zeige, dass in erster und zweiter Instanz rund 80 Prozent aller Einsprachen abgewiesen, zurückgezogen oder für gegenstandslos erklärt werden respektive das Gericht gar nicht auf die Einsprache eintritt.4 Regelmässig werden Rechtsmittel gegen regelkonforme Bauprojekte ergriffen, ausschliesslich um diese zu verzögern oder gar zu vereiteln. Solche taktischen Manöver seien missbräuchlich, so Schoop.
Bauherren werden zermürbt und finanziell geschädigt (laufende Zinsen, Konventionalstrafen, entgangene Einnahmen, "Vergleichszahlungen", eigene Anwaltskosten usw.). Die Flut an Einsprachen belasten Behörden und Gerichte. Käufer und Mieter warten auf ihre neue Wohnung und Unternehmer auf ihre neuen Geschäftsräume. Das sei bei der aktuellen Wohnraumknappheit verheerend. Mit einem Wert von 1.30 % ist die Leerwohnungsziffer im Kanton Aargau so tief wie seit knapp 20 Jahren nicht mehr.5 In den allermeisten Rechtsgebieten muss man sich aufgrund der empfindlichen Prozesskosten sehr genau überlegen, ob ein Verfahren angezettelt wird oder nicht. In Bausachen hängt dieses Damoklesschwert viel zu tief.
Nahezu ohne Kostenrisiko lasse sich der maximale Erfolg erzielen: Eine objektiv aussichtslose Einsprache oder Beschwerde kann bereits genügen, um ein Bauprojekt für Jahre auf Eis zu legen oder es gar zu verhindern, weil der Bauherr letztlich das Projekt nicht mehr realisieren will oder kann. Zur Eindämmung dieser Verhaltensweisen sind daher die Bestimmungen zu den Kosten entsprechend anzupassen.
Attiger: könnte gar zu längeren Verfahren führen
Schoop wandelt nun in der Debatte die Motion in ein weniger verbindliches Postulat um, um dessen Chancen zu erhöhen. Baudirektor Stephan Attiger erläutert nochmals die Kritik der Regierung zur Motion, denn der Nachweis zur missbräuchlichen Beschwerde müsste nachgewiesen werden können. Das könne gar zu längeren Verfahren führen, mahnt er. Sollte der Vorstoss in ein Postulat umgewandelt werden, könnte er offenbar damit leben. Attiger: "Das heilt nicht, aber es lindert."
Der Rat entscheidet nun und überweist das Postulat mit 113 : 12 an die Regierung.
Der Grosse Rat hat damit alle Traktanden abgearbeitet und geht heute etwas früher als geplant in den Feierabend.
Wir würden uns freuen, wenn Sie am 24. Juni bei der nächsten Sitzung wieder hier vorbeilesen würden.
Einen schönen Abend!