FDP eröffnet den Reigen der Parolenfassungen: Ja zur Steuergesetzrevision, Nein zur Lohngleichheits-Initiative - Präsidentin Freiermuth bestätigt

FDP eröffnet den Reigen der Parolenfassungen: Ja zur Steuergesetzrevision, Nein zur Lohngleichheits-Initiative - Präsidentin Freiermuth bestätigt
Claudia Hauser gratuliert der mit Applaus als Präsidentin bestätigten Sabina Freiermuth. Fotos: Mathias Küng

FDP-Kantonalpräsidentin Sabina Freiermuth durfte am Dienstagabend in Bad Zurzach 58 Stimmberechtigte zum Parteitag begrüssen. Dies in Anwesenheit zahlreicher Grossrätinnen und Grossräte und von Baudirektor Stephan Attiger. Hauptthema des Abends waren nebst der aktuell sehr unklaren Weltlage die beiden kantonalen Vorlagen vom 18. Mai sowie die Präsidiumswahl für die nächsten vier Jahre.

2021 wurde Freiermuth online als Kantonalpräsidentin gewählt - der Pandemie geschuldet. Seither ist weltweit sehr viel geschehen: der Überfall Russlands auf die Ukraine und jetzt der neue US-Präsident, ob dem man inzwischen täglich "mit Bang und Wehe wartet, welche neuen Nachrichten wohl kommen". Respektvoller Umgang sei offenbar nicht mehr so gefragt. Es gebe dafür tonangebende Herren, die die Welt vor sich hertreiben, so Freiermuth weiter.

"Nicht mehr verzetteln, Kräfte bündeln"

Gespannt warte man nun auf die Bundesratswahl vom Mittwoch. Das neue Mitglied werde mit grossen Herausforderungen umgehen müssen. Europaweit stehe der Liberalismus auf dem Prüfstand. Er sei auch nicht überall gut angesehen. Deshalb, so Freiermuth: "Kämpfen wir mit einem gradlinigen und verlässlichen Fokus für unsere Politik". Die Staatsaufgaben seien neu zu ordnen und es sei zu fokussieren.

Jetzt sei die Zeit gekommen, auch die finanziellen Ressourcen genau einzuteilen: "Wir können uns nicht mehr verzetteln, wir müssen unsere Kräfte bündeln", so Freiermuth. Auch im Bildungswesen sei Handeln angesagt. Im Grossen Rat habe man durchsetzen können, dass es ab der 3. Klasse Schulnoten gibt. Es gelte die ureigenen Werte Selbstverantwortung und Freiheit hoch zu halten, Leistung müsse sich wieder lohnen..

Werbung für Steuervorlage und Ruf nach verstärkten Grenzkontrollen

Auch beim" fast ausschliesslich von Freisinnigen geprägten angepassten aargauischen Steuergesetz" wolle man Verantwortung übernehmen. Freiermuth zeigte sich zuversichtlich, dass man die Vorlage im Volk durchbringen werde. Weiter gefordert wird (auch via Standesinitiative) auch wieder eine verstärkte Kontrolle der Landesgrenzen.

Silvan Hilfiker stellt die Steuervorlage vor und wirbt dafür

Silvan Hilfiker, Fraktionspräsident der FDP im Grossen Rat, hat die Vorlage zur Steuergesetzrevision massgeblich mitgeprägt. Er stellte sie am Parteitag vor. Die Ausgangslage sei, dass der Eigenmietwert per 1. Januar 62 Prozent erhöht worden ist. Die Liegenschaften werden neu geschätzt. Das werde für Kanton und Gemeinden zu Mehreinnahmen von 190 Millionen Franken führen. Bei der FDP habe man gefunden, dieses Geld müsse man der Bevölkerung zurückgeben.

Die Vorlage enthält sechs Punkte, so Hilfiker, nämlich eine Erhöhung des Vermögensfreibetrags, eine Senkung der Vermögenssteuertarife, einen höheren Weiterbildungsabzug, eine Senkung der Gewinnsteuer für Vereine, Stiftungen und juristische Personen, einen höheren Drittbetreuungsabzug sowie einen höheren Kinderabzug. Er warb klar für Zustimmung.

Mit seinem Votum trug Hilfiker wahrhaft Wasser in den Rhein. Widerspruch gab es keinen. Der Parteitrag empfiehlt die Vorlage einstimmig zur Annahme.

Andreas Ruf, Co-Geschäftsführer von Arbeit Aargau (pro, links im Bild) und FDP-Grossrat Adrian Schoop (contra) ringen um die Lohngleichheits-Initiative. Das Podium leitet FDP-Präsidentin Sabina Freiermuth.

Pro und Contra zur Lohngleichheitsinitiative

Die kantonale Initiative ist von der SP zusammen mit den Gewerkschaften lanciert worden. Sie wurde von der FDP kontradiktorisch behandelt. Namens der Initianten wagte sich Andreas Ruf, Co-Geschäftsführer von Arbeit Aargau, gewissermassen in die Höhle des Löwen. Gleichstellung sei ein komplexes Thema, und irgendwo müsse man anfangen, meinte er einleitend. Er erinnerte an die Lohnlücke zwischen Mann und Frau, der Unterschied bleibe bei 18 Prozent, derweil die meisten anderen Länder die Lücke reduziert hätten.

Sie wollen Lohnanalysen ab 50 Mitarbeitenden, geeignete Sanktionen bei Verstössen, sowie eine Fachstelle für Gleichstellung sowie eine Zusammenarbeit mit der Tripartiten Kommission TPK.

Eine Zwischenbilanz bei Firmen ab 100 Mitarbeitenden zeige, dass die Analyse zur Lohngleichheit ungenügend durchgeführt werde, sagte er weiter. Das sei ungerecht. Das Thema brenne der Leuten unter den Nägeln. Folgen der Ungleichheit seien Altersarmut und Rentenlücken, akuter Fachkräftemangel und "fossile Rollenbilder".

Das will die Lohngleichheits-Initiative

Sie wollen Lohnanalysen ab 50 Mitarbeitenden, geeignete Sanktionen bei Verstössen, sowie eine Fachstelle für Gleichstellung und Zusammenarbeit mit der Tripartiten Kommission TPK. Ruf wehrte sich gegen Aussagen, die Initiative bringe den Firmen grossen Mehraufwand. Der Aufwand sei gering, der Nutzen gross, so Ruf. Darum brauche es am 18. Mai ein Ja zur Initiative.

Adrian Schoop: Nein zu bürokratischer Extrawurst

Ihm hielt FDP-Grossrat Adrian Schoop (selbst Unternehmer und Leiter eines KMU mit über 100 Mitarbeitenden) entgegen, bei Initiativen von links gehe es um mehr Bürokratie, um Misstrauen gegenüber den KMU. Dder Bund habe längst ein Gleichstellungsgesetz. Jetzt wolle man dem Aargau "eine kantonale Extrawurst" aufschwatzen.

Der Bund stelle bei 2404 Firmen (ab 100 Mitarbeitenden, die die Anaylse gemacht haben) praktisch keine Unterschiede fest, sagte Schoop. In 75 Prozent der Firmen gebe es überhaupt keinen Geschlechtereffekt, in knapp 25 Prozent sei der Lohnunterschied "innerhalb statistischer Toleranz", in nur 1,2 Prozent der Firmen liege er über dieser Toleranz. "Wir schauen in unserer Firma nicht aufs Geschlecht sondern auf den Menschen", ergänzte Schoop für seinen eigenen KMU-Betrieb.

Bei Firmen schon ab 50 Mitarbeitenden würde es oft schwierig, zu allem zwei oder mehr Personen zu finden, die dieselbe Tätigkeit ausüben und direkt vergleichbar seien, so Schoop weiter. Er warb klar für ein Nein zur Initiative, für ein Nein "zu einer bürokratischen kantonalen Extrawurst".

Beide erhielten freundlichen Applaus, doch unter den Parteitagsteilnehmenden war die Sache nach gewalteter Diskussion, in der der Proreferent einen schweren Stand hatte, offenkundig klar. Die FDP empfiehlt die Initiative einstimmig zur Ablehnung.

Einstimmiges Nein zur Lohngleichheits-Initiative.

Sabina Freiermuth diskussionslos bestätigt

Sabina Freiermuth zeigte sich bereit, erneut für das Kantonalpräsidium anzutreten. Grossrätin Claudia Hauser (aus Döttingen) warb für Freiermuth unter Verweis auf ihren Leistungsausweis zur Wiederwahl. Die Präsidentin nehme ihr Amt sehr ernst, die Zusammenarbeit mit ihr sei offen und sehr kollegial. Auch Hauser trug Wasser in den Rhein. Freiermuths Bestätigung war im Plenum völlig unbestritten. Sie wurde mit grossem Applaus bestätigt und erhielt einen von allen Sektionen alimentierten Geschenkekorb mit auf den Nachhauseweg..

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