Delegierte des Aargauischen Gewerbeverbands heissen neue Strategie einstimmig gut

Delegierte des Aargauischen Gewerbeverbands heissen neue Strategie einstimmig gut
Benjamin Giezendanner bei seinem fulminanten Auftritt zur neuen AGV-Strategie. Foto: MKU

Die Strategie 2026 bis 2030 stand im Zentrum der Herbst-Delegiertenversammlung des Aargauischen Gewerbeverbandes (AGV) in Reinach. Zahlreiche Delegierte und Gäste kamen dafür in den Saalbau. Ziel der Verbandsspitze mit der neuen Strategie ist nach eigenem Bekunden, klare Schwerpunkte zu setzen und den AGV als Interessenvertretung des Gewerbes im Kanton Aargau zu stärken. Dies sagte Präsident Benjamin Giezendanner in einem fulminanten Vortrag über die neue Strategie.

Diese wurde in Diskussionen in Präsidium und Vorstand erarbeitet. Jetzt sei die Zeit des Erntedankes, so Giezendanner. Das sei die Zeit zurückzuschauen, zu bilanzieren und auch vorwärts zu schauen, in ihrem Fall mit der neuen Strategie. Was sie jetzt zum Entscheid vorlegen, sei aber keine Revolution, eher evolutionär, so der Präsident weiter.

Zentrale Punkte in der Strategie sind natürlich Arbeitsmarkt und Berufsbildung. Bezüglich ausserfamiliäre Kinderbetreuung habe man sich sehr, sehr offen gegenüber der Kantonsregierung gezeigt, das müsse man miteinander lösen. Für den AGV sei aber klar, "dass die Finanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung Aufgabe von Kanton und Gemeinden bleibt. Das Gewerbe wird nicht mit zusätzlichen Lohnprozenten daran zahlen."

Weitere Punkte sind:

Arbeitsmarkt

  • Erwerbsquote erhöhen.
  • «Schule trifft Wirtschaft» ausbauen. Da wand Giezendanner der Lehrerschaft ein Kränzchen für ihr Mitmachen, ein Lob für die Lehrerschaft mit Seltenheitswert beim AGV-Präsidenten.
  • KI-Chancen und Risiken laufend beurteilen
  • Sekundärarbeitsmarkt darf Primärmarkt nicht konkurrenzieren. Man wolle diese Leute integrieren, natürlich. Doch es komme dabei immer wieder zu Konkurrenzsituationen mit dem Gewerbe, mahnte Giezendanner.
  • Handwerkliche Berufe stärken, Praxisorientierung fördern
  • Ältere Arbeitnehmende länger im Arbeitsmarkt halten. Giezendanner: "Wir wollen versuchen, die Golden-Ager zu motivieren, weiter zu arbeiten, mit flexiblen Modellen."

Berufsbildung

Der AGV unterstützt die Berufsbildung systematisch und stärkt die praxisnahe Ausbildung und Orientierung.

Ausbau «Schule trifft Wirtschaft»

Modul «berufliche Orientierung»

Volksschule stärker auf Berufslehre ausrichten

MINT fördern

Frühfranzösisch prüfen. Frühfranzösisch sei zu hinterfragen, so Giezendanner. Es sei vielleicht "richtig einzubetten", eventuell gar mit Zürich zusammen.

Kantonaler Berufsbildungsfonds zur Ausbildungsförderung

HF-Bildung praxisorientierter: Meister statt Master

Digitalisierung der Berufsschau. Die Berufsschau bleibe natürlich. Es gelte, sie noch interessanter zu machen und Lehrpersonen zusätzlich zu motivieren, so der AGV-Präsident.

Stärkung der Berufsbildner-Ausbildung. Viele Berufsbildner machen einmal ihre Ausbildung. Da brauche es Verbesserungen. Dafür nütze ein Berufsbildungsfonds. Beim Kanton sei man auf offene Ohren gestossen.

Die Initiative «Fair ist anders» soll klare Leitplanken für Staat und Wirtschaft setzen. Giezendanner wurde am Tag der DV "richtig sauer", als er von einem neuen AEW-Kauf hörte. Man habe doch gekämpft, um die "AEW etwas zurückzubinden". Und jetzt übernehme diese einen weiteren Betrieb, der sie konkurrenziere. Für Giezendanner ist klar: "Der Staat soll sich nicht weiter ausbreiten."

  • Es gelte denn auch, das Wachstum des Staates kleiner zu halten als das Wachstum der Wirtschaft
  • Staat darf Wirtschaft nicht konkurrenzieren (s. oben).
  • Arbeitgeber Staat nicht besserstellen
  • Umsetzung der Empfehlungen aus BSS-Studie
  • Der AGV fordert Rahmenbedingungen für eine sichere und zukunftsfähige Infrastruktur.

"Wollen neue KKW, wehren uns gegen Gaskraftwerke im Aargau"

Man wolle eine CO2-arme, günstige Energie – technologieneutral, heisst es in der Strategie weiter. Das heisse, dass wir "wieder neue KKW bauen können wollen", übersetzte Giezendanner vor den Delegierten diese Formulierung. Und man werde sich wehren, wenn es im Aargau etliche Gaskraftwerke geben soll. Allein drei sollen bekanntlich hier stehen. Und falls man schon sowas auf sich nehme, müsse man wenigstens Gegenforderungen stellen, etwa nach raschen Sechsspurausbau der A 1 zwischen Aarau Ost und Birrfeld, oder die Bahnneubaustrecke Rupperswil – Zürich-Altstetten.

Zudem brauche es eine flächendeckende Verstärkung des Stromnetzes

Im Bereich Mobilität gelte es,

  • den Individualverkehr, öffentlicherVerkehr und Langsamverkehr gleichermassen zu fördern. Von der Weidmann-Studie zeigte sich Giezendanner enttäuscht. Schliesslich wachse der Aargau stark, er solle jedoch nicht mehr Kapazität bekommen, "die brauchen wir aber". Es gelte, dies einzufordern, nicht einfach die Faust im Hosensack zu machen.
  • Ausreichend Parkplätze für Gewerbe und Detailhandel. Hier dankte Giezendanner dem (mit anwesenden) FDP-Grossrat Adrian Schoop für seine Bemühungen, Parkplatzabbau in Baden zu bekämpfen. Städte brauchen Parkplätze, sonst gibt es dort bald kein Gewerbe mehr. Betroffene von städtischem Parkplatzabbau fordert auf auf, zum AGV zu kommen: "Wir helfen Euch."
  • Neue Bauzonen nur mit sechsspurigem A1-Ausbau Infrastrukturfonds für Umsiedlungen, gewerbefreun
  • Infrastrukturfonds für Umsiedlungen, gewerbefreundliche BNO

Einstimmiges Ja zur neuen Strategie.

Aargauer Wirtschaft erscheint weiterhin im Print

Weiter will der AGV auf konsequente Kommunikation nach innen und aussen setzen. Die Zeitschrift «Aargauer Wirtschaft» bleibt Print.  Eine (nur noch) digitale Erscheinungsweise habe man diskutiert. Giezendanner: "Ich bin dankbar, dass es weiterhin im Print erscheint, die Zeitung wird gelesen, auch in der Verwaltung." Aufpassen müsse man aber, dass es dabei keine roten Zahlen gibt. Und die Gewerbegruppe, um die die AIHK sie beneide, soll "näher ans Präsidium"

Den Neujahrsapéro werde es weiterhin geben. Als Sponsor fungiert weiterhin die UBS, als neuer Sponsor kommt die Mobiliar dazu.

Schliesslich war es an den Delegierten, sich selbst zur Strategie zu äussern. Diese waren vom rhetorischen Feuerwerk ihres Präsidenten so "erschlagen" oder schlicht einverstanden, sodass ohne weitere Wortmeldungen abgestimmt werden konnte. Sie hiessen die Strategie einstimmig und ohne Enthaltungen gut.

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