Datacenter als Heizungszentralen der Zukunft
Wo digitale Infrastruktur betrieben wird, entsteht wertvolle Abwärme. Als CO₂-neutrale Fernwärme kann sie ganze Gemeinden versorgen. Das zeigen die aktuellen Beispiele in Dielsdorf und Regensdorf. Den Transport ermöglichen die Rohrsysteme der Aargauer BRUGG Pipes. Dies geht aus einer Mitteilung der Firma hervor.
In der Schweiz entstehen zurzeit grosse Datacenter, weil Unternehmen immer stärker auf Cloud-Lösungen und Digitalisierung setzen. Wie die «Marktübersicht Schweizer Rechenzentren 2024» bestätigt, gehört auch Green zu den grössten Betreibern1 . Um der wachsenden Kundennachfrage Rechnung zu tragen, baut Green unter anderem auf dem Metro-Campus Zürich weiter aus.
In Dielsdorf entstehen drei Hochleistungs-Datacenter
Auf 46'000 m2 Areal-Fläche entstehen in Dielsdorf drei Hochleistungs-Datacenter für Cloud-Anbieter (Hyperscaler), Unternehmen und Systemintegratoren. Das erste Datacenter ist seit 2023 bereits in Betrieb, das zweite Datacenter wird demnächst live gehen und ein weiteres Datacenter hat die Tiefbauphase abgeschlossen.
Was jedoch viele nicht wissen: Die Kundensysteme (Server) in den Rechenzentren erzeugen erhebliche Mengen an Abwärme. Je nach Standort kann die Abwärme in ein neues oder bestehendes Wärmenetz eingespeist werden. Das Wärmenetz, das in der Regel von einem Energiedienstleister betrieben wird, versorgt dann den umliegenden Gebäudebestand oder – wie in Dielsdorf sechs Gemeinden – mit Wärme für Heizung, Warmwasserbereitung sowie für gewerbliche und industrielle Prozesse.
Die theoretisch auskoppelbare Abwärme der Rechenzentren und Serverräume in der Schweiz wird auf 2.02 bis 2.62 TWh geschätzt
Martin Rigaud, CEO bei der BRUGG Pipes führt laut Mitteilung aus: «Ein Bericht von Energie Schweiz (Bundesamt für Energie BFE) vom Jahr 2023 schätzt die theoretisch auskoppelbare Abwärme der Rechenzentren und Serverräume in der Schweiz auf 2.02 bis 2.62 TWh. In Relation dazu: Die Kehrrichtverbrennungslagen (KVA) in der Schweiz produzierten im Jahr 2017 gesamthaft rund 4.0 TWh Wärme. Somit ist das Potenzial für Abwärme von Rechenzentren und Serverräumen mit 50 – 65 Prozent der in Kehrichtverbrennungsanlagen produzierten Wärme vergleichsweise hoch.

Mit drei Rechenzentren 11'500 Haushalte beheizen
Green realisiert ihre Datacenter in Dielsdorf mit Abwärmeauskopplung und arbeitet eng mit Energieverbundbetreibern wie Energie 360° sowie den Standortgemeinden zusammen, damit die Abwärme für CO2- neutrales Heizen genutzt werden kann. Dank der Auskopplung werden laut Mitteilung künftig 11'500 Haushalte aus sechs umliegenden Gemeinden, Industrie sowie Gewerbe versorgt werden können.
Die Energiezentrale entsteht direkt neben den Rechenzentren auf Greens Metro-Campus. Eine weitere Zentrale ist in Regensdorf vorgesehen. Energie 360° plant die ersten Wärmelieferungen 2026. Bereits heute nutzt Green einen Teil der Abwärme im eigenen Bürogebäude und beliefert einen naheliegenden Industriebetrieb.
«Dank der Abwärmeauskopplung kann Energie doppelt genutzt werden: Für die Digitalisierung und zu Heizzwecken – daher engagieren wir uns gemeinsam mit unseren Partnern für die Abwärmenutzung aus Datacentern», erklärt Roger Süess, CEO von Green. Die Abwärme wird auch an weiteren Green Datacenter-Standorten genutzt und neue Fernwärmeprojekte seien geplant, heisst es weiter.
Rohre mit über 70cm Aussendurchmesser aus dem Aargau
Beim Bau der Fernwärmenetze setzt Energie 360° auf Rohre des Aargauer Unternehmens BRUGG Pipes. Martin Rigaud sagt: «Die Rechenzentren in Dielsdorf sind ein gutes Beispiel dafür, wie Abwärme sinnvoll genutzt und CO2 eingespart werden kann.» BRUGG Pipes hat die ersten Stangenrohre für das Fernwärmenetz im Januar 2024 geliefert. Seither wurden rund 126 12-Meter-Stangen geliefert. Dies entspricht einer Länge von über 1.5 Kilometer.
Die Rohre werden unterirdisch verlegt und sind wärmeisoliert und überwacht. Martin Rigaud erklärt: «Zuerst wird ein Graben ausgehoben, in dem dann die 12 Meter langen Stangenrohre verlegt und zusammengeschweisst werden. Danach wird der Graben wieder verschlossen und von aussen ist nichts mehr zu sehen. In den Stangenrohren befinden sich jedoch Überwachungsdrähte, sodass ein Leck sofort erkannt und lokalisiert werden könnte. Sie sehen: Auch ein Rohrsystem ist heute smart und kann überwacht werden.»
Neben den serienmässig gefertigten Stangenrohren werden auch Formteile (T-Stücke) für Abzweigungen benötigt. Diese werden nach Kundenwunsch gefertigt. Martin Rigaud ergänzt: Derzeit läuft in Dielsdorf und Regensdorf der Ausbau des Fernwärmenetzes.
Datacenter M auf dem Green Metro-Campus Zürich: Die Abwärme wird mit dem neuen Energieverbund von Energie 360° genutzt (zVg Green) «Die Formteile werden von Hand gefertigt. Unsere Schweisser in Kleindöttingen sind wahre Künstler und ich bin immer wieder positiv überrascht, wie sie solche komplexen Formteile herstellen.» BRUGG Pipes ist der grösste Schweizer Hersteller von Fernwärmerohren und beschäftigt in der Schweiz rund 360 Mitarbeitende.
Fernwärme im Vormarsch
Die Idee, überschüssige Wärme aus grossen Energie- und Kehrichtverbrennungsanlagen für die Heizung und den Wärmebedarf von Siedlungen und Dienstleistungszentren zu nutzen, ist nicht neu. Schon 1938 nutzte Zürich Wasser aus der Limmat zur Beheizung des Rathauses. In den folgenden Jahren gab es weitere Projekte, etwa für das Schwimmbad City und Gebäude in der Innenstadt5 . Nach dem Zweiten Weltkrieg stagnierte die Entwicklung, unter anderem wegen niedriger Ölpreise.
Erst nach der Ölkrise der 1970er-Jahre wurde das Thema wieder relevant. Die Fernwärmekonzepte der 1960er- und 1970er-Jahre waren bekannt, Energie2000, das Vorgängerprogramm von EnergieSchweiz, förderte gezielt die Abwärmenutzung mit Fernwärme. Und heute gewinnen Wärmeverbünde vor dem Hintergrund der Nutzung von grösseren Holz- und Geothermiekraftwerken, See-, Fluss- und Grundwassernutzungen sowie neu auch von Rechenzentren - vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien - wieder an Aktualität.
Was ist BRUGG Pipes?
Die BRUGG Pipes produziert und vertreibt Rohrsysteme für den sicheren und effizienten Transport von Flüssigkeiten, Gasen und Wärme. Von der Beratung über die Verlegung bis zum Projektmanagement und der Montage mit eigenem, ausgebildetem Personal ist BRUGG Pipes der zuverlässige und kompetente Partner in den Bereichen Nahwärme, Fernwärme, Kühlung, Kaltwasser, Industrie, Tankstellen und Tankanlagen. Die Firma beschäftigt rund 800 Personen.
Was ist die BRUGG GROUP AG?
Aus der einstigen Kabelfabrik in Brugg ist mit der BRUGG Group AG ein typisch Schweizerischer Nischenplayer geworden, der mit mehreren Tochtergesellschaften und 2000 Mitarbeitenden einen Umsatz von rund 660 Millionen Schweizer Franken erwirtschaftet. Hauptbereiche sind Fernwärmetechnologie, Prozessleittechnik für Versorgung (Wasser, Abwasser, Gas, Strom), E- Mobilität, Windkraft, Leichtbau und Seilarchitektur, Aufzugs- und Hebemittel, Transportbahnen sowie Schutzsysteme gegen Naturgefahren. Die BRUGG Group AG ist mit 19 Produktionsstätten und 17 Verkaufsorganisationen in den wichtigsten Industrieländern der Welt vertreten.