Kasernenareal Aarau: schrittweise zivile Entwicklung und Nutzung ab 2031 möglich

Eine zivile Entwicklung und Nutzung von heute militärisch genutzten Flächen des Kasernenareals Aarau ist ab 2031 schrittweise möglich, trotz Verlängerung des Miet- beziehungsweise Waffenplatzvertrags bis 2035. Das hält der Regierungsrat in der Beantwortung einer Interpellation und einem Antwortschreiben an den Stadtrat Aarau fest.

Der Kanton Aargau schliesst mit dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) bis Ende 2024 einen Letter of Intent (LOI) ab, in dem festgehalten wird, dass ab 2031 von der Armee nicht mehr genutzte Flächen freigegeben werden können, zum Beispiel für die Durchwegung des Kasernenareals.

Regierung: Zeitplan kann nicht eingehalten werden

Anfang 2020 einigten sich laut Mitteilung der Regierung der Kanton, Bund und Stadt darauf, dass sich die militärische Nutzung des Kasernenareals Aarau künftig auf eine – gegenüber heute – reduzierte Fläche auf der Nordseite des Areals beschränken soll. Ende 2023 lag das städtebauliche Gesamtkonzept und das Mobilitätskonzept für die Entwicklung des Kasernenareals vor.

Es zeigte sich, schreibt die Regierung, dass der im Letter of Intent von 2015 (LOI 2015) festgehaltene Zeitplan nicht eingehalten werden kann. Grund für die Verzögerung von rund sechs Jahren seien die komplexen Planungsprozesse, die anspruchsvollen Rahmenbedingungen mit historisch wertvollen Gebäuden, der breite Nutzungsmix, der Einbezug aller Staatsebenen sowie der Einbezug der Bevölkerung im Rahmen des Partizipationsprozesses.

"Verlängerung des Waffenplatzvertrags schafft Planungssicherheit für alle Beteiligten"

Die Konzeptions-, Planungs- und Bewilligungsverfahren für den Rückzug der Armee auf die reduzierte Nutzungsfläche im Norden des Kasernenareals und der Umzug auf allfällige Ersatzstandorte erfordern eine Vorlaufzeit von sieben Jahren, heisst es, und weiter: "Die baulichen Anpassungen für die künftige militärische Nutzung können somit frühestens ab Anfang 2031 realisiert werden und dürften bis Ende 2035 dauern. Aufgrund der Verzögerung um sechs Jahre sowie der von der Armee für den Rück- beziehungsweise Umzug benötigten Vorlaufzeit von sieben Jahren beschloss der Regierungsrat Anfang März 2024, den heute gültigen und auf 2030 auslaufenden Waffenplatzvertrag vorzeitig um fünf Jahre zu verlängern."

Mit diesem Entscheid erhalten alle Partner die nötige Planungssicherheit, insbesondere auch die Armee für die voraussichtlich ab 2031 zu erstellenden Ersatzbauten sowie die Überführung der militärischen Nutzung in die neue Liegenschaftssituation bei laufendem Betrieb, schreibt die Regierung. Der Stadtrat Aarau wurde im Januar 2024 über die vom Regierungsrat beabsichtigte Vertragsverlängerung informiert.

Schrittweise Öffnung und zivile Nutzung ab 2031 möglich

Der Kanton Aargau wird mit dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) auf den 1. Januar 2036 einen neuen Waffenplatzvertrag abschliessen. Die Vorbereitungsarbeiten dazu laufen. Die Eckwerte sowie die Bestimmungen für die Übergangszeit bis 2036 werden in einem bis Ende 2024 zu erstellenden Letter of Intent (LOI) vereinbart. Darin wird unter anderem festgehalten, dass bereits ab 2031 nicht mehr militärisch genutzte Flächen für die zivile Nutzung, zum Beispiel für die Durchwegung, schrittweise freigegeben werden können.

In welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt eine solche vorzeitige Öffnung erfolgen kann, hänge von der Detailplanung des VBS ab, sowie von der per 2027 geplanten Rechtskraft der Nutzungsplanungsanpassung und des Gestaltungsplans.

Viele Fragen in einer überparteilichen "Aarauer" Interpellation

In einer überparteilichen Interpellation vom 19. März 2024 hatten Hanspeter Hilfiker, FDP, Aarau (Sprecher), Lelia Hunziker, SP, Aarau, Yannick Berner, FDP, Aarau, Adrian Bircher, GLP, Aarau, Therese Dietiker, EVP, Aarau, Jürg Knuchel, SP, Aarau, zahlreiche Fragen zur Weiterentwicklung des Kasernenareals in Aarau gestellt.

Der Kanton Aargau habe am 7. März 2024 kommuniziert, dass der aktuelle Waffenplatzvertrag für die Kaserne Aarau, der Ende 2030 ausläuft, bereits in diesem Jahr für weitere fünf Jahre, bis Ende 2035, verlängert werden soll, schreiben die Interpellantinnen und Interpellanten.

Die Stadt Aarau, der Kanton Aargau und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hätten seit 2014 für gut zwei Millionen Franken eine Testplanung, einen Masterplan, ein Richtprojekt sowie ein Mobilitätskonzept erarbeitet und damit wesentliche Grundlagen für die Weiterentwicklung des Areals gelegt.

Die Armee ist mit ihren aktuellen Aktivitätsfeldern einvernehmlich als langfristige Nutzerin von gut zwanzig Prozent der Fläche vorgesehen. Die Teiländerungen der Nutzungsplanung und die Gestaltungspläne sind in Vorbereitung und sollen bis 2028 rechtskräftig sein, schreiben sie weiter. Mit der Verlängerung des aktuellen Vertrags bis 2035 dürfte die angestrebte Durchwegung des Areals, die Entwicklung öffentlicher Räume oder die Entwicklung erster Baufelder für Wirtschafts- und Wohnnutzungen vor 2035 deutlich erschwert werden, sind die Interpellierenden überzeugt.

Fragen an den Regierungsrat

Sie wollten deshalb unter anderem wissen:

Weshalb will der Kanton Aargau bereits 2024 den aktuellen Waffenplatzvertrag um weitere fünf Jahre verlängern? Welche militärischen Nutzungen sind für die Zeit nach 2030 geplant? Welche Erträge erzielt der Kanton heute mit dem Waffenplatzvertrag? Welche potenziellen Erträge zeigen die gemäss Richtprojekt vorgesehenen Neunutzungen des Kasernenareals? Hält der Regierungsrat die Versprechen, die bei Projektbeginn und bei den bisherigen Projektschritten gemacht wurden, bei seinem Vorgehen für eingehalten?

Das antwortet die Regierung im Detail

Parallel zur obigen Mitteilung hat die Regierung auch ihre detaillierte Antwort auf die Interpellation aus Aarau publiziert.Vorab legt sie dar, worum es genau geht:

Das Kasernenareal in Aarau misst 47'243 m², die verteilt sind auf Stadt (5 %), Kanton (67 %), Bund (14 %) und mehrere Private (13 %) als Eigentümerinnen beziehungsweise Eigentümer. Die Stadt Aarau und der Kanton Aargau planen seit 2014 gemeinsam die Zukunft des Kasernenareals. Ziel der Planung sind qualitativ hochstehende und nachhaltige Nutzungen auf dem Kasernenareal. Dazu wurde eine Projektorganisation unter Federführung der Stadt Aarau und mit Beteiligung des Kantons als Eigentümer sowie des Bundes als Mieter und Grundeigentümer gebildet. Der Stadtrat fungiert dabei als Planungsbehörde.

Im Jahr 2014 stimmten die Projektpartner der Entwicklungsplanung Kasernenareal Aarau in vier Phasen zu. Die vier Phasen beinhalten folgende Themenbereiche: • Phase 1: Projektaufbau / Organisation, Letter of Intent (LOI) Kanton / Stadt Aarau • Phase 2: Leitbild / Zukunftsbilder der Arealentwicklung • Phase 3: Städtebauliches Verfahren, Testplanung (Phase 3a) und Masterplanung (Phase 3b) • Phase 4: Planungsrechtliche Umsetzung, Nutzungsplanung, Sondernutzungsplanung.

Die Grundsätze, Ziele und das Vorgehen der gemeinsamen Arealentwicklung wurden 2015 in einem LOI 2015 respektive im Zusatz-LOI (LOI 2021) durch Stadt- und Regierungsrat beschlossen. Darin wurde in Aussicht genommen, dass der Planungsprozess bis und mit Rechtskraft der verbindlichen Planungsinstrumente "Nutzungsplanung" und "Gestaltungsplanung" per 2021 (LOI 2015) respektive 2027 (LOI 2021) abgeschlossen sein sollte.

Anfang 2020 einigten sich Vertreter des Bundes, des Regierungsrats und des Stadtrats laut regierungsrätlicher Antwort darauf, dass sich die militärische Nutzung des Kasernenareals Aarau künftig auf eine – gegenüber heute – reduzierte Fläche auf der Nordseite des Areals beschränken soll. Dies soll die schrittweise zivile Entwicklung und Durchwegung des Kasernenareals ermöglichen. Infolge dieser Einigung haben im März 2021 der Stadtrat Aarau und der Regierungsrat den Masterplan mit Zusatz-LOI (LOI 2021) verabschiedet.

Die Beschlüsse zum Masterplan bilden die Grundlage für die Planungsschritte in der Phase 4, heisst es dazu weiter. Die Phasen 1–3 wurden mit Beschluss des Masterplans abgeschlossen. Die Phase 4 umfasse unter anderem ein städtebauliches Gesamtkonzept, ein Mobilitätskonzept, eine Teilrevision der Nutzungsplanung, ein Sondernutzungsplan (Gestaltungsplan) sowie laufende Anpassungen der Rahmeninfrastrukturverträge (diese betreffen die grundsätzlichen Rechte und Pflichten bei der Umsetzung der Infrastrukturanlagen, der Freiräume und die Modalitäten der Mehrwertabgabe).

Zeitverzug von rund sechs Jahren

Parallel wurden immer auch Wirtschaftlichkeitsüberlegungen angestellt. Per Ende 2023 lagen das städtebauliche Gesamtkonzept und das Mobilitätskonzept vor. Gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan liegt aufgrund der hohen Komplexität und der zahlreich betroffenen Interessen ein Zeitverzug von rund sechs Jahren vor. Diese Verzögerung sei unter anderem den hohen Zielen für die Arealentwicklung, den anspruchsvollen Rahmenbedingungen mit historisch sehr wertvollen Gebäuden, dem breiten Mix an Nutzungen und beteiligten Grundeigentümerinnen beziehungsweise Grundeigentümern, der Mitwirkung aller Staatsebenen sowie dem Einbezug der Bevölkerung im Rahmen des Partizipationsprozesses geschuldet.

Bisher fünf öffentliche Foren

So wurden bisher unter anderem fünf öffentliche Foren mit der Bevölkerung, Vereinen und Organisationen durchgeführt, an denen auch die privaten Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer im angrenzenden Areal teilnahmen. Gemäss aktueller Terminplanung der Projektorganisationsollen bis Ende 2027 die Nutzungsplanung und der Gestaltungsplan fü r das Kasernenareal rechtskräftig vorliegen (Abschluss Phase 4).

Frühester Baustart anfangs 2031

Auf Basis dieser Rechts- und Planungsgrundlagen können ab 2028 konkrete Projekte auf dem Kasernenareal erarbeitet werden, heisst es weiter. Damit werde gewährleistet, dass die Grundeigentümer ab 2028 die Planungen und ab 2031 die Realisierung der Bauvorhaben an die Hand nehmen können. Aufgrund dieses Stands des Planungsprozesses könne von einem frühesten Baustart anfangs 2031 und damit mit einem Um- oder Rückzug der Armee auf die im Masterplan und Richtkonzept bereits einvernehmlich festgelegten Flächen bis Ende 2035 gerechnet werden.

Dadurch könne der geplante Rückzug der Armee auf die definierte Fläche auch erst 2035 abgeschlossen werden. Die Armee hatte bereits im Februar 2020 angekündigt, dass die Klärung der Situation dringend sei. Mit der Bedürfnisformulierung vom 3. September 2021 hielt die Armee fest, so die Kantonsregierung, dass die Mietvertragsverhandlungen für den damals vorgesehenen, neuen Waffenplatzvertrag (ab 2030) bis 2023 abgeschlossen sein müssen. Damit sollte sichergestellt werden, dass für den geplanten Rückzug die benötigte Vorlaufzeit von sieben Jahren gewährleistet ist".

Durch die neue Ausgangslage durch die sechs Jahre Verzögerung, war zur Wiederherstellung der Planungssicherheit die Verlängerung des aktuellen Waffenplatzvertrags angezeigt, heisst es weiter. Der Regierungsrat beschloss darum, den Stadtrat Aarau vorgängig über die Verlängerung des Waffenplatzvertrags zu orientieren, was im Januar 2024 erfolgte.

Gesamthaft erzielte der Kanton Aargau 2023 Mieteinnahmen in der Höhe von 2'220'452 Franken aus dem Waffenplatzvertrag (inklusive Schiessplatz Gehren).