Cédric Wermuth will Aufarbeitung einer "rechtsextremen Mordserie"

Der Nationalrat und SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (AG) hat eine neue Interpellation eingereicht, in der er dem Bundesrat folgende Fragen stellt:

  1. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass die Aufarbeitung der rechtsextremen Gewalt dieser Zeit dringend nötig wäre? Ist der Bundesrat bereit diesbezüglich aktiv zu werden?
  2. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass die rechtsextreme Gewalt auch in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext verstanden werden muss? Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass das Verständnis für diese gesellschaftlichen Mechanismen wichtig ist, auch mit Blick auf die Verhinderung rechtsextremer Gewalt in Gegenwart und Zukunft? 
  3. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass die Aufarbeitung der behördlichen Mitverantwortung wichtig wäre? Ist der Bundesrat bereit diesbezüglich aktiv zu werden?
  4. Hat sich der Bundesrat oder eine andere offizielle Behörde für die rassistische Gewalt der 1980er und 1990er Jahre bei den Opfern und ihren Angehörigen entschuldigt und damit Verantwortung übernommen?
  5. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass es in der Schweizerischen Öffentlichkeit an einer aktiv gepflegten Erinnerungskultur zur rechtsextremen Gewalt der 1980er und 1990er mangelt? Ist der Bundesrat bereit diesbezüglich aktiv zu werden? Ist der Bundesrat bereit eine Form der offiziellen Erinnerung einzurichten?
  6. Hat der Bundesrat die Zunahme rechtsextremer Gewalt im deutschsprachigen, europäischen Raum zur Kenntnis genommen? Wie verhindert er die Entwicklung einer neuen rechtsextremen Szene in der Schweiz?

Er begründet den Vorstoss wie folgt:

Zwischen 1988 und 1993 "kam es gemäss einer wissenschaftlichen Arbeit zu total 378 rechtsextremen Gewalttaten in der Schweiz, darunter 114 Attentate und fast 80 Angriffe auf Personen. 145 Menschen wurden verletzt, 13 mussten sterben", schreibt Wermuth in seinem Vorstoss. Gemäss der erwähnten wissenschaftlichen Arbeit sei der damalige Umgang der Behörden mit der rechtsextremen Gewalt fragwürdig. Es scheine, als seien fremdenfeindliche Aktivitäten lange geduldet worden, die Aufarbeitung der Taten sei nur schleppend und ungenügend erfolgt.

Nur in 16 von 125 Attentaten (1984 - 1993) seien die Täter überhaupt identifiziert worden, ihre Taten seien oft verharmlost worden. Wermuth weiter: "Die Welle der rechtsextremen Gewalt wurde aus dem kollektiven Gedächtnis der Schweiz weitgehend verdrängt. Selten erinnert ein Zeitungsbericht daran. Dabei sind vergleichbare politische Kräfte heute auch wieder aktiv, ganz zu schweigen vom Recht der Opfer und ihrer Angehörigen ernst genommen zu werden."

Mitunterzeichnende (30)

Alijaj Islam Arslan Sibel Baumann Kilian Bendahan Samuel Brenzikofer Florence Candan Hasan Clivaz Christophe Dandrès Christian De Ventura Linda Fehlmann Rielle Laurence Fivaz Fabien Flach Beat Friedl Claudia Funiciello Tamara Gaillard Benoît Glättli Balthasar Marti Samira Molina Fabian Pfister Gerhard Porchet Léonore Rosenwasser Anna Roth David Schläfli Nina Seiler Graf Priska Töngi Michael Tschopp Jean Tuosto Brenda Walder Nicolas Weichelt Manuela Zybach Ursula