Cédric Wermuth: war die Sklaverei «zweckmässig» und deren Abschaffung «ungerecht»?
Der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth bittet den Bundesrat mi einer Interpellation um Antworten bzw. Klärung. Die Schweiz hat 2001 die Schlusserklärung von Durban mitunterzeichnet. Dort heisst es u.a., «dass Sklaverei und Sklavenhandel ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind und zu allen Zeiten als solches hätten gelten sollen, insbesondere der transatlantische Sklavenhandel.»
Nun will Wermuth wissen: Steht der Bundesrat zu dieser Position? Falls ja: Wie lässt sich dies mit den Antworten auf die drei genannten Interpellationen vereinbaren? Un weiter, so Wermuth: "Anerkennt der Bundesrat, dass es im Jahre 2025, wo in den USA gerade versucht wird, Sklaverei- und Kolonialgeschichte auf Befehl von oben umzuschreiben, fundamental ist, mit den moralischen, historischen, ethischen und menschenrechtlichen Implikationen von Sklaverei nicht salopp umzugehen wie 2018, 2021, 2022, sondern präzise und verantwortlich"?
Der Bundesrat wurde bisher dreimal durch Interpellationen nach seiner historischen, moralischen und menschenrechtlichen Beurteilung der Rechtfertigung, Entschuldigung und Unterstützung der Sklaverei durch den Bundesrat von 1864 (Dubs, Schenk, Knüsel, Fornerod, Frey-Herosé, Naeff, Challet-Venel) gefragt: Friedl (18.3072), Ryser (21.3905) und Marti (22.3198). Die Antwort des Bundesrates war in allen drei Fällen dieselbe "und ein Skandal", wie Wermuth schreibt: "Die Bundesbehörden haben damals gemäss den Normen, die in den 1860er-Jahren vorherrschten, gehandelt. Die Massstäbe haben sich inzwischen gewandelt, die heutige Gesellschaft ist von anderen Wertvorstellungen geleitet."
1864 wurde die Sklaverei weltweit als Verbrechen angesehen
Diese Positionierungen des heutigen Bundesrates widersprechen, wie bereits in den drei Interpellationen dargelegt, dem aktuellen historischen Wissensstand. 1864, als Nationalrat Wilhelm Joos den Sklavenhandel und -besitz durch Schweizer in Brasilien skandalisierte, waren in der westlichen Welt die herrschenden Normen nicht einmal mehr die Normen der Herrschenden, sondern nur noch die der sklavenhaltenden Eliten in den US-Südstaaten, auf Kuba und in Brasilien sowie in den portugiesischen Afrika-Kolonien. 1864 wurde die Sklaverei weltweit als Verbrechen angesehen.
Der Schweizer Bundesrat von 1864 sei damit die letzte Regierung der westlichen Welt gewesen, schreibt Wermuth weiter, "welche die Verbrechen der Sklaverei gerechtfertigt, entschuldigt, banalisiert und unterstützt hat. Der Bundesrat der Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts entschuldigt die Sklaverei, also die Aufhebung aller Werte, mit "Wertvorstellungen"," so Wermuth weiter. Vor diesem Hintergrund bitte ich den Bundesrat um folgende Antworten.
Mitunterzeichnet wurde der Vorstoss von Wermuths Aargauer Nationalratskollegen/innen von Beat Flach (GLP).