Austauschprogramme für Lehrpersonen? - das antwortet der Bundesrat auf einen Vorstoss von Simona Brizzi
Die Aargauer SP-Nationalrätin Simona Brizzi hat dem Bundesrat mit einer Interpellation etliche Fragen gestellt. Die Antworten liegen jetzt vor.
Im Kontext der aktuellen Diskussion über den Unterricht in den Landessprachen kommt der Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen eine entscheidende und zentrale Rolle zu, schreibt Brizzi in ihrem Vorstoss. Für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung sind die Kantone zuständig. Gemäss Sprachengesetz hat der Bund aber eine Förderaufgabe. Er kann insbesondere über die im Sprachengesetz vorgesehenen Austauschprogramme auch Austauschaktivitäten von Lehrpersonen und damit die Kompetenzen in den Landessprachen fördern.
Die aktuelle Diskussion zum Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule fokussiere stark auf das formale Sprachenlernen, so Brizzi weiter. Der Unterricht in den Landessprachen muss aber gemäss Sprachengesetz auch den kulturellen Aspekten eines mehrsprachigen Landes Rechnung tragen. Lehrpersonen, die während der Ausbildung oder unmittelbar danach einen Austausch in einer anderen Sprachregion der Schweiz gemacht haben, bringen hervorragende Voraussetzungen mit, ist Brizzi überzeugt, "diesen für den nationalen Zusammenhalt der Schweiz elementaren Aspekt des Sprachenlernens vermitteln zu können".
Das antwortet der Bundesrat
Nun liegt die ausführliche bundesrätliche Antwort vor. Er schreibt:
Der Bundesrat erachtet Austauschaktivitäten von Lehrpersonen als zentral für die Verbesserung des Sprachenunterrichts. Austauschaktivitäten tragen pädagogische Kompetenzen und individuelle Sprachkompetenzen in den Unterricht, stärken schulübergreifende Netzwerke und sorgen für eine nachhaltige Verankerung von Sprachaustausch.
Die nationale Austauschagentur Movetia führt im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Kultur (BAK) seit 2019 ein Angebot für den Lehrpersonenaustausch. Das Programm «Nationaler Austausch für angehende Lehrpersonen» (NALE) ermöglicht es angehenden Lehrpersonen, ein Austauschsemester an einer Pädagogischen Hochschule und/oder ein Praktikum an einer Schule in einer anderen Sprachregion zu absolvieren. Dabei entwickeln die Studierenden ihre fachlichen und sprachlichen Kompetenzen und setzen sich mit der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Schweiz auseinander.
Daneben unterstützt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Studierende der Pädagogischen Hochschulen bei Auslandsaufenthalten, die zu einem bedeutenden Teil in Ländern mit Schweizer Landessprachen stattfinden. Auch ausserhalb der Unterstützungsmassnahmen der Austauschagentur Movetia finden an den Pädagogischen Hochschulen Austauschaktivitäten statt.
2024 waren 15 Pädagogische Hochschulen beteiligt
Die Anzahl der am Programm NALE teilnehmenden Hochschulen und Studierenden steigt seit der Einführung des Programms kontinuierlich an. Im Jahr 2024 waren 15 Pädagogische Hochschulen beteiligt, es konnten 954 Mobilitäten bewilligt werden, die mit rund 955'000 Franken gefördert wurden. Bezogen auf die durchschnittliche Gesamtzahl der Studierenden eines Jahrgangs entspricht dies einer Mobilitätsquote von rund 18,7%. Die Mehrheit der Studierenden absolviert ein kurzes Praktikum von zwei bis vier Wochen.
Die Beteiligung an Austauschaktivitäten könnte mit flankierenden Massnahmen bei den Pädagogischen Hochschulen weiter gefördert werden (z.B. Einführung von Mobilitätsfenstern in den Studienplänen, damit eine Mobilität den Studienverlauf nicht verlängert). Diese liegen allerdings nicht in der Zuständigkeit des Bundesrats.
Eine Verpflichtung zu einem längeren Austausch für angehende Lehrpersonen müsste im Reglement über die Anerkennung von Lehrdiplomen für den Unterricht verankert werden. Zuständig wäre die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK). Die Ausweitung der Mobilitätsförderung auf alle angehenden Lehrpersonen der Primar- und Sekundarstufe würde die Kosten des Programms NALE vervielfachen. Ferner sei zu bedenken, so der Bundesrat, dass eine Verpflichtung zur Mobilität die Hürde zum Absolvieren des Studiums erhöhen würde. Hinzu käme eine stärkere Verdichtung der Lerninhalte.
«Hospitieren und unterrichten an anderen Schulen»
Mit dem Programm «Hospitieren und unterrichten an anderen Schulen» unterstützt Movetia ferner ausgebildete Lehrpersonen oder Schulleitende, um an einer Partnerschule in einer anderen Sprachregion in der Schweiz oder im Ausland oder an einer Schweizerschule im Ausland zu hospitieren oder zu unterrichten. Die Lehrpersonen erhalten Einblick in eine andere Schulhauskultur, entdecken neue Unterrichtspraktiken und vertiefen ihre Sprachkompetenzen. Zudem können sie den Grundstein für künftige Schulpartnerschaften und Schüleraustausche legen. Im Jahr 2024 konnten in diesem Rahmen 681 Mobilitäten durchgeführt werden.
Schliesslich strebt der Bundesrat ab 2027 eine Assoziierung der Schweiz am EU-Programm Erasmus+ an. Dies würde Lehrpersonen erweiterte Möglichkeiten für Mobilitätsaufenthalte in einer Schweizer Landessprache im Ausland ermöglichen.