Asyl-Dialogabend von Geflüchteten mit Andre Rotzetter und Lukas Huber

Asyl-Dialogabend von Geflüchteten mit Andre Rotzetter und Lukas Huber
Grossrat Andre Rotzetter. Foto: Michael Küng

Am 2. „Aargauer Asyl-Dialogabend ohne Sündenbock-Politik“ standen 15 Geflüchtete Geflüchtete im intensiven Dialog mit Grossräten Andre Rotzetter (Mitte) und Lukas Huber (GLP). Die zwei Politiker schilderten "die starken Herausforderungen im Grossen Rat wegen aktueller parteipolitischer Verhältnisse und Sparbemühungen, die Verbesserungen in der Asylpolitik massiv erschweren", wie der Verein Netzwerk Asyl Aargau in einer Mitteilung schreibt. Wegen der zusätzlichen grossen Belastung durch viele Schutzsuchende aus der Ukraine wohnten zu viele Geflüchtete unterirdisch z.B. in Luftschutzanlagen. Diese seien für die Geflüchteten emotional und gesundheitlich sowie für den Kanton finanziell belastend, aber es fehle an Alternativen. Alle Parteien sollten eine schnelle Integration nicht nur aus humanitären, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen unterstützen, so die Forderung.

Das Flüchtlingsparlament hofft darauf, heisst es weiter, dass wenn Gesetze nicht verbessert werden können, dass dann am 5. November (also übermorgen) die Gespräche mit Sibel Karadas (Fachstelle Integration Kt. Aargau) und Pia Maria Brugger (KSD) das Beste aus dem bestehenden Richtlinien machen könne:

Schutzsuchende aus der Ukraine können seit 1. November ohne Arbeitsbewilligung arbeiten

Ab 1. November 2025 können wegen einem Bundesratsentscheid Schutzsuchende aus der Ukraine ohne Arbeitsbewilligung arbeiten, da Betriebe nur unter Meldepflicht stehen, eine mehrjährige Forderung des Flüchtlingsparlaments. Die Frage an die Verwaltung: "Wie informiert der Kanton die Betriebe und diejenigen mit S-Status darüber, dass die Arbeitintegration der Ukrainer:innen nicht mehr mit angezogener Handbremse gefördert wird? Und wie kann das Flüchtlingsparlament dabei mitwirken?"

Eine andere Blockade für Arbeitsintegration ist laut einer neuen Analyse vom Bund, Kantonen und Gemeinden die Situation der Frauen mit Kindern oder Arbeitssuchenden über 40jährig. Betroffene werden Mittwochabend ihre gemischten Erfahrungen mit kantonaler und kommunaler Integrationsförderung schildern und eine weiterführende Kooperation in diesem Gebiet vorschlagen.

Am ersten Dialogabend war Landammann Dieter Egli dabei

An jedem der vier Dialogabenden des Aargauer Flüchtlingsparlaments mit Politik und Verwaltung – der erste war am 22. September mit Landammann Dieter Egli diskutieren unter dem Motto «Partizipation und Dialog statt Sündenbock-Politik» rund 15 bis 20 Aargauer Geflüchtete in Kommissionen erarbeitete Vorschläge mit kantonalen Entscheidungstragenden, dieses Jahr in einer völlig neuen Dialogstruktur. Im Zentrum stehen die Stimmen der Geflüchteten selbst: ihre Sichtweisen, Anliegen und konkreten Lösungsvorschläge für eine faire, menschliche und nachhaltige Asyl- und Integrationspolitik im Kanton Aargau.

Einige Ergebnisse der ersten Dialogabende:

Zwei Mütter schilderten ihre Schwierigkeiten, eine Ausbildung in der Schweiz zu absolvieren, da die Kinderbetreuung je nach Gemeinde nicht finanziert wird und meist nur der Vater bei der Arbeitsintegration gefördert werde. Die Kommission Bildung verwies auf Programme wie Mütter in Ausbildung (MIA) oder AMIE-F in anderen Kantonen, die gezielt in Mütter investieren, sodass diese nach einer Ausbildung selbstständig werden. Eine der Mütter musste zehn Jahre auf eine Weiterbildung warten, ein Verlust für sie, ihre Familie und die Schweiz. Herr Egli betonte, dass ein Umdenken notwendig sei, um Geflüchtete als Ressource im Hinblick auf den bekannten Fachkräftemangel zu sehen. Das Parlament müsse jedoch noch überzeugt werden.

Die Kommission stellte zudem Fragen zur Höhe von Ausbildungsstipendien für geflüchtete Eltern, deren ausländische Abschlüsse (z.B: als Jurist:in) in der Schweiz nicht anerkannt werden. Herr Egli fragte sich, inwiefern diese spezifische Situation bei der Entwicklung der Stipendien berücksichtigt wurde. Betroffene hoffen auf eine zunehmende Umsetzung der im Reglement vorgesehenen Erhöhung pro Kind.

Die Kommission Menschen in Not griff den jüngst vom Parlament beschlossenen Einsatz von «Bezahlkarten» ohne Bargeldzugang auf und wies auf zahlreiche Umsetzungsprobleme hin: eingeschränkte Mobilität, fehlendes Taschengeld für Kinder, notwendige Barzahlungen bei Schulanlässen, auf Flohmärkten oder für Berry-Pflücken. Auch beim Kauf günstiger Gebrauchtwaren via Twint sei online Gebrauchbarkeit unverzichtbar. Diese Woche wurde ein Pilotprojekt im Kanton Zug lanciert. Das Flüchtlingsparlament möchte bei der Gestaltung des Projekts im Kanton Aargau mitreden.

Erste Erfolge und offene Baustellen

Bereits in den vergangenen drei Jahren konnten laut Mitteilung durch das Flüchtlingsparlament konkrete Verbesserungen erreicht werden:

  • Erhöhung der Altersgrenze für Arbeitsintegrationsprogramme «INVOL» auf 40 Jahre
  • Anpassung der Tagesgelder für die Asylsozialhilfe
  • Ausbau der psychologischen Betreuung
  • Verbesserter Zugang zur Integration für geflüchtete Mütter
  • Infoveranstaltungen zur Arbeitsintegration für ukrainische Geflüchtete
  • Neu: Ersatz der Arbeitsbewilligungspflicht für Schutzsuchende (S-Status) ab 1.11.25 durch einen einfachen Meldepflicht..

Stimme erheben und Teilhabe leben: Mit dem Partizipationsprojekt «Unsere Stimmen Aargau» erhalten Geflüchtete im Kanton Aargau die Möglichkeit, ihre Anliegen in den politischen Prozess einzubringen, nicht nur symbolisch, sondern mit konkreten Vorschlägen, Forderungen, Gesprächen und politischen Kontakten. Ein Projekt von Geflüchteten für Geflüchtete: Die 4. kantonale Flüchtlingssession Aargau ist ein Projekt von NCBI Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Verein Netzwerk Asyl Aargau «VNAA». Es wird unterstützt vom Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau sowie weiteren Partnerorganisationen