Aargauischer Grosser Rat entscheidet über neues Sportgesetz

Aargauischer Grosser Rat entscheidet über neues Sportgesetz
Blick in den Ratssaal. Foto: MKU

Nach dem Ringen um die Blitzerabzocke-Initiative kommt der Rat wieder in ruhigere bahnen, es wird sachlich diskutiert. Für die Kommission spricht Markus Lang. Er erinnert daran, dass in der ersten Beratung im Grossen Rat der Gesetzes-entwurf mit 117 zu 15 Stimmen angenommen wurde. Eine deutliche Ausgangslage für die heutige Sitzung.

In der heute zu beschliessenden Vorlage sind zwei der von der Kommission geforderten Prüfaufträge übernommen worden. Diese betreffen subsidiäre Finanzierungen aus ordentlichen Mitteln sowie Fragen zum Datenschutz im Zusammenhang mit sportethischen Vorfällen. Weiter umschreibt der neue Entwurf die sportethischen Grundsätze prägnanter mit den Begriffen „gesund“, „respektvoll“ und „fair“ und übernimmt die Ethikvorgaben des Bundes.

 Mit dem neuen Sportgesetz soll ein kantonales Sportanlagen-Inventar geschaffen werden, das Transparenz schafft und Investitionen erleichtert. Die Finanzierung erfolgt in erster Linie über den Swisslos-Sportfonds. Falls dessen Mittel nicht ausreichen, soll der Kanton in Ausnahmefällen Infrastruktur-projekte mit Zustimmung des Grossen Rats auch über ordentliche Mittel finanzieren können.

Seitens des Departements wurde betont, so Lang, "dass der Kanton faktisch ein Sportinfrastrukturgesetz benötige. Sechs von sieben aktuellen Projekten seien von kantonaler Bedeutung, doch vielerorts fehle geeignetes Land". Drei zentrale Massnahmen wurden erwähnt:

 -Erstens sollen Gemeinden regionale Sportanlagenkonzepte erarbeiten,

-wie bereits erwähnt soll zweitens ein Sportanlagen-Inventar geschaffen

-und drittens eine subsidiäre Finanzierung über kantonale Mittel ermöglicht werden.

Diese Regelung sei notwendig, um Planungs- und Finanzierungssicherheit zu gewährleisten. Sowohl die Gemeindeammännervereinigung als auch der Gemeindeschreiberverband unterstützten dieses Vorgehen.

In der allgemeinen Aussprache betonten die meisten Fraktionen ihre Zustimmung zum neuen Sportgesetz, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Im Sportgesetz sieht eine Mehrheit ein Instrument, um die bereits erwähnten Absichten in Bezug auf Konzepte, Koordination, sportethische Fragen und Finanzierung effizient umsetzen zu können. Gerade zu Fragen der Finanzierungsregelung gab es aber auch kritische Haltungen, so Lang weiter. Kritisieren wurde auch der Wegfall des Begriffs „Integration“ aus den sportethischen Grundsätzen.

Weiter wurde in der Kommission vor einer Ausweitung kantonaler Kompetenzen und vor dem Risiko, dass die Sportförderung in Konkurrenz zu anderen staatlichen Aufgaben treten könnte, gewarnt.

Eine Minderheit lehnt das Gesetz deshalb ab und stellte den Antrag auf Nichteintreten. Sie argumentierte, dass kein zusätzlicher gesetzlicher Rahmen nötig sei und dass das Gesetz zu mehr Bürokratie, Staatswirtschaft und Ungleichbehandlung zwischen den Gemeinden führe, so Lang weiter.

Dem wurde entgegengehalten, dass die Verfassung verlangt, grundlegende Regelungen gesetzlich festzuhalten. Nur so könne der Grosse Rat und letztlich das Volk demokratisch darüber entscheiden. Weiter wurde darauf verwiesen, dass Zentrumsgemeinden vielfach Infrastruktur für umliegende Gemeinden bereitstellten, was eine gemeinsame Finanzierung rechtfertige. Der Antrag auf Nichteintreten wurde deutlich abgelehnt.

Keine Änderungsanträge der Kommission

In der Schlussdiskussion wurde nach den Kosten der Umsetzung gefragt. Departementsseitig wurde erklärt, dass keine neuen Stellen geschaffen würden. Der zusätzliche Aufwand könne mit den bestehenden Ressourcen bewältigt werden. Eine befristete Projektstelle im Bereich Sportethik sei bereits unabhängig vom Sportgesetz bewilligt worden. Die Kommission schloss die Beratungen ohne weitere Änderungsanträge ab.

Das sagt die Bildungsdirektorin

Der Aargau sei ein Sportkanton, lobt nun Regierungsrätin Martina Bircher. Das vorliegende Gesetzs sei kurz und klar, die Umsetzung sei pragmatisch angedacht, mit Rücksicht auf das Ehrenamtliche. Der Bedarf wachse aber, gerade bei den Fussballclubs, nach der erfolgreichen Frauen-EM grad nochmal.

In der anschliessenden Detailberatung geht es eigentlich nur noch um ein umstrittenes Thema. Kommissionssprecher Markus Lang erklärt es so:

Es geht um § 10, Abs. 2:

In der Diskussion standen sich zwei Positionen gegenüber, so Lang: Einerseits wurde eine Einschränkung der Finanzierungsmöglichkeiten über das ordentliche Kantonsbudget geforderten, andererseits sollte eine offenere, flexiblere Regelung beibehalten werden.

Die Argumente für die Streichung von „Programmen und Projekten“ waren hauptsächlich:

  • Es soll verhindert werden, dass der Kanton künftig unter dem Titel «Projekte» weitere Sportanlagen, Infrastrukturvorhaben oder Programme direkt über das Kantonsbudget finanziert. Solche Unterstützungen sollen primär über den Swisslos-Sportfonds erfolgen.
  • Die Finanzierung von kommunalen Infrastrukturen wie Hallenbädern oder anderen grossen Bauprojekten sei sowieso Aufgabe der Gemeinden, nicht des Kantons.
  • Eine gesetzliche Erwähnung von Programmen und Projekten öffne „Tor und Tür“ für immer mehr kantonale Ausgaben und schwäche die Budgetdisziplin.
  • Der Kanton solle nicht privilegiert im Bereich Sport eingreifen, während andere gesellschaftliche Bereiche keine vergleichbare gesetzliche Grundlage für Beiträge erhalten.
  • Selbst ohne explizite Nennung dieser Programme im Gesetz könne der Grosse Rat im Einzelfall weiterhin über Unterstützungen entscheiden.
  • Die Gegner betonten, dass mit ihrem Antrag keine bestehenden Programme wie „cool and clean“ oder „1418coach“ gefährdet seien, da deren Finanzierung weiterhin über den Swisslos-Sportfonds möglich bleibe.

Die Argumente gegen die Streichung von „Programmen und Projekten“ waren hauptsächlich:

  • Die Formulierung im Entwurf schaffe keine automatische Finanzierung, sondern lediglich eine gesetzliche Möglichkeit, die der Grosse Rat im Einzelfall bewilligen müsse.
  • Eine flexible Regelung sei wichtig, weil der Bund seine Beiträge zunehmend kürze (z. B. bei J+S-Programmen), wodurch der Kanton reagieren können müsse.
  • Programme und Projekte könnten nötig werden, um neue sportliche Entwicklungen zu unterstützen – etwa den Ausbau von Sportanlagen für Frauenfussball nach Grossereignissen.
  • Eine Streichung würde den Handlungsspielraum des Kantons unnötig einschränken und die Reaktionsfähigkeit auf zukünftige Herausforderungen vermindern.
  • Der Entscheid über konkrete Finanzierungen bleibe stets dem Grossen Rat vorbehalten, wodurch demokratische Kontrolle und Budgetdisziplin gewährleistet seien.
  • Die Regelung sei subsidiär, d. h. eine Finanzierung über das Kantonsbudget komme nur infrage, wenn die Mittel des Swisslos-Sportfonds nicht ausreichen.
  • Von Seiten des Departements wurde betonten, dass die vorgeschlagene Formulierung lediglich den bestehenden Handlungsspielraum absichere und keine neue Ausgabenpraxis eröffne.

Für die Minderheit spricht Jeanine Glarner (FDP). Sie kritisiert, das Gesetz sei ein Subventionsgesetz, "ein Fass ohne Boden, das wir hier auftun". Ländliche Gemeinden würden für ihre Anlagen kein Geld bekommen, es gehe doch in die Städte. Ander sieht dies Uriel Seibert (EVP). Martina Bircher bittet um Ablehnung des Minderheitsantrages. Die vorgeschlagene Formulierung erlaube dem Kanton Flexibilität.

Nach der Debatte entscheidet der Rat. Er lehnt den Minderheitsantrag hauchdünn mit 68 : 66 Stimmen ab.
Nun geht es um die Schlussabstimmung. Der Rat erhebt das Gesetz in zweiter Lesung mit 123 : 12 zum Beschluss.

Damit ist es Zeit für die Mittagspause. En Guete und auf Wiederlesen um 14 Uhr, wenn der rat seine Beratungen wieder aufnimmt.