Aargauer Regierung will Kantonssteuern von 108 um 5 auf 103 Prozentpunkte senken

Der Kanton Aargau verfügt derzeit über eine solide Finanzlage. Deshalb beantragt der Regierungsrat im Budget 2026 eine Senkung des Steuerfusses um 5 Prozentpunkte. Dies sagte Finanzdirektor Markus Dieth heute morgen in Aarau an einer Medienorientierung zum Aufgaben- und Finanzplan 2026 - 2029. Gleichzeitig stehe der Kanton vor grossen finanziellen Herausforderungen und Unsicherheiten, sagte er weiter.

So führen im Budget 2026 steigende Transferaufwände – etwa für Ergänzungsleistungen und Spitäler –, der erwartete Wegfall der SNB-Ausschüttung sowie die Steuerfusssenkung (- 90 Mio. Franken) zu einem Defizit von 221,2 Millionen Franken. Dieses könne dank der Ausgleichsreserve, in der derzeit 1,1 Milliarden Franken sind, vollständig gedeckt werden. Somit seien gezielte Investitionen in die Weiterentwicklung des Kantons Aargau möglich, so Dieth.

Sämtliche Schulden abgebaut, jetzt ein Nettovermögen

Die Finanzpolitik des Kantons Aargau der letzten zwei Amtsperioden zeige Wirkung, erläuterte der Finanzdirektor weiter: So konnten in den vergangenen acht Jahren konnten sämtliche Schulden abgebaut und ein Nettovermögen von 585 Millionen Franken aufgebaut werden. Die Ausgleichsreserve beläuft sich auf rund 1,1 Milliarden Franken. Letztere verhindere, so Dieth, dass im Falle neuer Defizite in diesem Umfang die Schuldenbremse aktiviert werden müsste, was den kantonalen Haushalt andernfalls jährlich wieder erheblich belasten würde.

Dieses finanzielle Polster verschaffe dem Kanton Handlungsspielraum für strategische Vorhaben und Investitionen – auch in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten. Die Ratingagentur Standard & Poor’s beurteilt die solide Finanzlage des Kantons Aargau mit der Vergabe der Bestnote AAA. Trotz dieser guten Basis stünden dem Kanton in den nächsten Jahren erhebliche Herausforderungen bevor: Steigende Erwartungen an den Staat, ein anhaltendes Aufgaben- und Mengenwachstum, erhöhte Investitionen und zahlreiche Reformen auf Bundesebene stellen den Kantonshaushalt zunehmend auf die Probe.

US-Zollhammer: Bereits einige Aargauer Firmen mit Kurzarbeit

Zudem hätten sich die wirtschaftliche Unsicherheit und geopolitische Spannungen spürbar verschärft. Besonders die Zollpolitik der US-Regierung trage wesentlich zur aktuellen Verunsicherung bei und belaste die stark exportorientierte Aargauer Wirtschaft. Bereits müssen denn auch etliche Firmen im Aargau auf Kurzarbeit umstellen.

Budgetdefizit 221,2 Mio Fr., wird durch Ausgleichsreserve aufgefangen

Das Budget 2026 weist ein Defizit von 221,2 Millionen Franken aus; für die Jahre 2027 bis 2029 werden weitere Fehlbeträge zwischen 149,9 und 197,8 Millionen Franken erwartet. Aufgrund des Halbjahresergebnisses der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist für das Budget 2026 vorsorglich keine Ausschüttung eingeplant. Mit der SNB-Grundausschüttung und ohne die einkalkulierte Steuerfusssenkung von 5 Prozent wäre das Budget 2026 aber ausgeglichen, hiess es am Mittwochmorgen in Aarau. Zusammen mitz der zuständigen Kommission werde man die Situation betreffend allfällige SNB-Ausschüttung (die gäbe es nur, wenn die SNB im zweiten Halbjahr 2025 mindestens 14 Milliarden Franken Gewinn erzielt) im Spätherbst mit Blick auf die bis dann eingetroffenen Entwicklungen nochmals beurteilen, stellte Dieth in Aussicht.

Sämtliche Defizite im Aufgaben- und Finanzplan 2026–2029 können vollständig durch die Ausgleichsreserve gedeckt werden, deren Bestand bis Ende der Planungsperiode 2029 voraussichtlich noch rund 341,8 Millionen Franken beträgt. Markus Dieth: "In der Finanzplanung sind Defizite vertretbar, solange sie durch Reserven gedeckt sind und die Verschuldung massvoll bleibt."

Dieth: mehr als 5 Prozent Steuersenkung "nicht vertretbar"

Der Regierungsrat beantragt für das Budgetjahr 2026 eine Senkung der ordentlichen Kantonssteuer um 5 Prozentpunkte. Dadurch werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um jährlich über 100 Millionen Franken entlastet. Diese Senkung soll aus heutiger Sicht auch im Planjahr 2027 beibehalten werden. Der Regierungsrat will zusammen mit dem Grossen Rat den Spielraum für eine Fortführung oder Anpassung der Steuersenkung Jahr für Jahr aus einer finanzpolitischen Gesamtsicht neu beurteilen. Eine noch höhere Steuersenkung erachtet der Regierungsrat im Augenblick als nicht vertretbar, da diese die Defizite erhöhen würden. Die Ausgleichsreserve und auch das Nettovermögen würden damit rasch aufgebraucht und die Steuersenkungen müssten über neue Schulden finanziert werden.

Dieth dazu: "In dieser anspruchsvollen Finanzlage ist es wichtig, mit Augenmass zu handeln: Eine Steuerfusssenkung ist nur verantwortbar, solange sie nicht zu neuer Verschuldung führt oder die Ausgleichsreserve übermässig belastet wird." Stattdessen möchte der Regierungsrat als ergänzendes Instrument eine neue gesetzliche Grundlage schaffen, die dem Grossen Rat bei Überschüssen und guter Finanzlage die Möglichkeit gibt, Steuerrückvergütungen an die Bevölkerung und die Unternehmen zu gewähren. Diese Massnahme würde den künftigen Handlungsspielraum nicht einschränken, denn die Finanzierung wäre über den Überschuss bereits vorhanden und damit sichergestellt.

Der konsolidierte Aufwand steigt im Budget 2026 um 3,2 Prozent auf 6'251 Millionen Franken. Finanzdirektor Markus Dieth sagte dazu vor den Medien: "Im interkantonalen Vergleich weist der Kanton Aargau weiterhin ein sehr tiefes und weit unterdurchschnittliches Aufwand- und Ausgabenniveau auf."

Hier werden deutliche Mehrausgaben erwartet

Ein starker Aufwandtreiber ist der durch den Kanton nur wenig beeinflussbare Transferaufwand in den Bereichen Gesundheit und Soziales (v.a. Spitalfinanzierung, Prämienverbilligung und Ergänzungsleistungen AHV/IV) sowie Sonderschulung, Heime und Werkstätten. Ab 2027 steigen auch die dringend nötigen Investitionen in Grossvorhaben im Immobilienbereich deutlich an. Im Aufgaben- und Finanzplan 2026–2029 werden insgesamt 1,7 Milliarden Franken Investitionsausgaben geplant.

Schwerpunkte sind der Bau- und Ausbau von Schulen, Neubauten im Sicherheitsbereich, Projekte zur Digitalisierung und Massnahmen im Klimaschutz. Zu finanziellen Belastungen führen auch Reformen auf Bundesebene. Allein die Einführung der einheitlichen Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen im Gesundheitswesen (EFAS) ab 2028 belastet den Kantonshaushalt mit rund 63 Millionen Franken jährlich.

Rechnung 2025 schliesst voraussichtlich mit Überschuss

Für das laufende Rechnungsjahr 2025 hatte der Grosse Rat mit Blick auf den Budgetausgleich eine Entnahme aus der Ausgleichsreserve von 91,2 Millionen Franken vorgesehen. Nach aktuellem Stand (August 2025) zeichnet sich jedoch ab, dass die Jahresrechnung 2025 mit einem Überschuss schliessen wird – eine Entnahme aus der Ausgleichsreserve ist somit nicht erforderlich. Der Hauptgrund dafür sind nicht vorhersehbare und damit auch nicht budgetierte Beteiligungserträge in der Höhe von 222 Millionen Franken – die Ausschüttung der SNB sowie eine Sonderdividende der Axpo.

Durchschnittliche Lohnerhöhung von 0,7 % beantragt

Um den gesetzlichen Vorgaben, dem Bevölkerungs- und Schülerwachstum sowie den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, muss der Stellenplan im Budget 2026 gezielt erhöht werden. Insgesamt steigt die Zahl der Stellen gegenüber 2025 um 2,1 Prozent. Der grösste Nachholbedarf besteht bei der öffentlichen Sicherheit, insbesondere bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafvollzug. Das Stellenwachstum ist zudem durch bereits im letzten AFP eingeplante Spezialeffekte geprägt. Ohne diese würde die Entwicklung des Stellenplans im Rahmen der Vorjahre bleiben, wurde in aarau gesagt.

Gleichzeitig setzt der Regierungsrat auf moderne Arbeitsmodelle und Effizienzsteigerungen und hält das Stellenwachstum dort tief, wo organisatorische Optimierungen möglich sind. Für das kantonale Personal und die Lehrpersonen ist eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 0,7 Prozent eingeplant. Der Regierungsrat wird für die Schlussberatung in der Kommission für Aufgaben- und Finanzplanung eine Aktualisierung der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen vornehmen, insbesondere auch die Beurteilung der Wirtschaftslage in den verschiedenen Sektoren und Branchen in der Privatwirtschaft berücksichtigen und den Lohnantrag darauf basierend neu beurteilen.

Joana Filippi: das sind die Schwerpunkte des Regierungsrats

Der Regierungsrat hat im Mai 2025 das Entwicklungsleitbild (ELB) 2025–2034 mit der integrierten finanziellen Langfristperspektive veröffentlicht und dem Grossen Rat zur Kenntnisnahme unterbreitet. Darin legt der Regierungsrat seine politischen Ausrichtungen für die nächsten Jahre fest. Er will die hohe Lebensqualität für die Einwohnerinnen und Einwohner und die guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft im Kanton Aargau erhalten und pflegen. Staatsschreiberin Joana Filippi: "Der Regierungsrat verfolgt zahlreiche Vorhaben sowie rund 60 Entwicklungsschwerpunkte im AFP 2026–2029, um den Kanton Aargau entsprechend weiterzuentwickeln. Zusätzlich will er den Arbeits-, Wirtschafts- und Forschungsstandort fokussiert weiter stärken. Die Unternehmen sollen gerade auch in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten optimale Rahmenbedingungen vorfinden und es sollen Arbeitsplätze für die wachsende Bevölkerung erhalten und geschaffen werden." Es ergeben sich jedoch auch Herausforderungen in Zusammenhang mit dem derzeitigen Bevölkerungswachstum. Deshalb prüft der Regierungsrat Handlungsfelder auf kantonaler Ebene.

Erhöhung der Unternehmens- und Arbeitsplatzdichte

Die Anzahl Unternehmen und Arbeitsplätze im Verhältnis zur Bevölkerung ist im Aargau im interkantonalen Vergleich unterdurchschnittlich. Um gezielt wertschöpfungsintensive Unternehmen anzusiedeln, schlägt der Regierungsrat einen Beitritt zur Promotionsorganisation Greater Zurich Area (GZA) vor. Zudem sollen Gemeinden und Standortförderorganisationen in Regionen mit wirtschaftlichem Entwicklungspotenzial vom Kanton unterstützt werden, damit sich ansässige Unternehmen entwickeln und weitere Unternehmen ansiedeln können. Beide Vorhaben werden dem Grossen Rat in einer Gesamtauslegung zur Beratung unterbreitet.

Leistungsfähige Gemeindestrukturen

Die Gemeinden erfüllen wichtige Aufgaben für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Dabei stehen sie vor vielfältigen Herausforderungen. Eine externe Analyse der Gemeindestrukturen zeigt auf, in welchen Bereichen die aktuelle Struktur an ihre Grenzen stösst und welche strukturellen Entwicklungen notwendig wären. Basierend auf diesen Grundlagen will der Regierungsrat zusammen mit den Gemeinden ein Zielbild für die zukünftige Gemeindestruktur erarbeiten.

Umsetzung der kantonalen Steuerstrategie 2022–2030

Mit der vom Grossen Rat verabschiedeten Steuerstrategie 2022–2030 soll sich der Kanton Aargau bei den natürlichen Personen für alle Einkommens- sowie Vermögensstufen unter den zehn steuerlich attraktivsten Kantonen positionieren. Das erste Umsetzungspaket, die "Steuergesetzrevision 2025", trat am 1. Januar 2025 in Kraft. Das zweite Umsetzungspaket "Steuergesetzrevision 2027" wird vom Grossen Rat 2026 zum zweiten Mal beraten. Der Gewinnsteuersatz für juristische Personen wurde bereits mit der Steuergesetzrevision 2022 gesenkt.

Bildung – Gesundheit: Weitere Umsetzung der Planungsberichte

Der Regierungsrat setzt die Beschlüsse des Grossen Rats zur räumlichen Entwicklung der kantonalen Schulen und zur Gesundheitspolitischen Gesamtplanung weiter um. Unter anderem sind für die Standorte der neuen Mittelschulen in Lenzburg und Windisch die Nutzungsplanverfahren in Vorbereitung. Für die künftige Entwicklung der kantonalen Gesundheits- und Sozialschulen läuft eine mehrstufige Standortevaluation, die in eine öffentliche Anhörung im ersten Halbjahr 2026 münden wird. Die Strategien der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung werden zeitlich gestaffelt umgesetzt. 2026 sind unter anderem die Anhörungen zur Teilrevision des Spitalgesetzes (SpiG) und zum ersten Paket Teilrevision des Gesundheitsgesetzes (GesG) geplant.

Die im interkantonalen Vergleich hohe Sonderschulquote im Kanton Aargau soll nicht weiter ansteigen. Das neue Volksschulgesetz, das voraussichtlich auf den 1. August 2026 in Kraft treten wird, gibt dem Kanton die Kompetenz zur Zuweisung von Kindern und Jugendlichen zu den Sonderschulen. Ergänzend dazu werden die behindertenspezifischen Beratungsdienste weiterentwickelt und die Profile der Sonderschulen geschärft.

Klimaschutz und Klimawandel: Vorbild kantonale Verwaltung, künftiger Umgang mit Wasser

Um die Treibhausgasemissionen der kantonalen Verwaltung zu senken und eine Vorbildfunktion einzunehmen, verabschiedete der Regierungsrat im Juni 2025 die Roadmap "Netto-Null 2040 für die kantonale Verwaltung". In den kommenden Jahren werden Massnahmen in den Handlungsfeldern 'Kantonale Immobilien', 'Fahrzeugpark und Dienstfahrten', 'Beschaffung von Gütern', 'Rechtsgrundlagen' sowie 'Kommunikation und Sensibilisierung' umgesetzt. Mit dem Klimawandel verändert sich auch der gesamte Wasserhaushalt. Eine ganzheitliche und interdisziplinäre kantonale Wasserstrategie zum sorgsamen Umgang mit Wasser soll 2026 vorliegen.

Digitale Transformation in der kantonalen Verwaltung

Die Bevölkerung und die Wirtschaft erwarten wirkungsvolle und zeitgemässe öffentliche Dienstleistungen. Der Regierungsrat treibt deshalb den digitalen Wandel in der kantonalen Verwaltung weiter voran. Eine überarbeitete Strategie soll bis 2026 vorliegen. Zudem werden das Gesetz über die Informationssicherheit (Inkrafttreten voraussichtlich im Juli 2026) und ein weiteres Gesetz für die digitale Aufgabenerfüllung (Inkrafttreten voraussichtlich 2028) ausgearbeitet, um Rechte und Pflichten der Akteure bei der digitalen Aufgabenerfüllung zu regeln. Kanton und Gemeinden wollen die Digitalisierung gemeinsam vorantreiben. Dazu wird bis Anfang 2026 ein gemeinsames Zielbild erarbeitet.

Hinweis: Reaktionen der Parteien werden fortlaufend aufgeschaltet

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