Grosser Rat erhöht Kinderabzug auf 9000 Franken - FDP fordert Steuersenkung per 2025 - 61 Mio. für die neue Kanti Stein

Grosser Rat erhöht Kinderabzug
auf 9000 Franken - FDP fordert Steuersenkung per 2025 -         61 Mio. für die neue Kanti Stein
Das Grossratsgebäude in Aarau. Foto: ZVG

Der Grosse Rat trifft sich heute in Aarau zur letzten Sitzung vor den Frühlingsferien. Er tagt von 10 bis 12.30 Uhr, dann wieder von 14.15 Uhr bis längstens 17 Uhr. Das sind die Traktanden des heutigen Tages:

  1. Begrüssung und Mitteilungen von Ratspräsidentin Mirjam Kosch (Grüne). Als erstes gibt sie den Rücktritt von Grossrat Christian Keller (SVP) bekannt. Die Präsenzaufnahme zeigt: Es sind 131 Ratsmitglieder anwesend, 9 sind abwesend.

2. Kommissionswahlen durch das Büro des Grossen Rats am 19. März 2024 (Ersatzwahl für den Rest der Legislaturperiode 2021/2024);

Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW) - Wahl von Isabelle Schmid, Grüne, Tegerfelden, als Mitglied (anstelle von Nicola Bossard, Kölliken):

Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF) - Wahl von Armin Schenk, Grüne, Brittnau, als Mitglied (anstelle von Isabelle Schmid, Tegerfelden) - Wahl von Rolf Wehrli, SVP, Küttigen, als Mitglied (anstelle von Brigitte Vogel, Lenzburg);

Geschäftsprüfungskommission (GPK) - Wahl von Martin Egloff, FDP, Wettingen, als Mitglied (anstelle von Norbert Stichert, Untersiggenthal);

Der Grosse Rat nimmt diese Wahlen zustimmend zur Kenntnis.

Die Traktanden 3 und 4 betreffen das Departement Finanzen und Ressourcen (DFR) von Landammann Markus Dieth

  1. Steuergesetzrevision 2025; Erstes Umsetzungspaket Leitsätze; Steuerstrategie 2022–2030; Steuergesetz (StG); 1. Beratung. Eintreten, Detailberatung und Beschlussfassung. Von links kommen ein Rückweisungs- und ein Nichteintretensantrag, derweil die Bürgerlichen auf die Vorlage eintreten wollen. Eintreten wird mit 93 : 37 beschlossen, der Rückweisungsantrag von links wird mit 92 : 38 abgelehnt. Ab jetzt geht es folglich um die Einzelheiten der Vorlage. Der Rat überweist für die zweite Beratung diverse Prüfungsanträge an die Regierung.

Das hat der Grosse Rat in erster Lesung beschlossen:

Senkung Vermögenssteuer: Bei der Vermögenssteuer wird einerseits die höchste Tarifstufe reduziert. Andererseits werden auch die von der Steuergesetzrevision Schätzungswesen (Liegenschaftsbewertung / Eigenmietwert) betroffenen Steuerpflichtigen entlastet, indem weitere Tarifstufen reduziert sowie der steuerliche Freibetrag erhöht werden.

Erhöhung Kinderabzug: Damit Familien mit Kindern weiter entlastet werden, wird der Kinderabzug erhöht. Für jedes Kind bis zum vollendeten 14. Altersjahr können neu (auf Antrag der FDP) 9000 (Regierung wollte auf 7700 raufgehen) Franken abgezogen werden. Für Kinder bis zum vollendeten 18. Altersjahr sind es neu 10 000 Franken (Regierung wollte auf 9'700 Franken erhöhen) und für jedes volljährige Kind in Ausbildung, für dessen Unterhalt die Steuerpflichtigen zur Hauptsache aufkommen, sind es neu 12 000 (Regierung wollte auf 11800 gehen).

Deutlich höhere Abzüge für Kinderdrittbetreuung: Die Steuergesetzrevision 2025 sieht zudem vor, die Abzüge für Kinderdrittbetreuungskosten von 10'000 auf 25'000 Franken pro Kind zu erhöhen und die heutige Reduktion des Maximalabzugs bei Teilzeitpensen aufzuheben.

Höhere Abzüge für Aus- und Weiterbildung: Ebenso werden die Abzüge für Aus- und Weiterbildungskosten von 12'000 auf 18'000 Franken erhöht.

Steuertarifsenkung für Vereine und Stiftungen: Der Gewinnsteuertarif für Vereine und für Stiftungen wird von heute 6 Prozent auf 5,5 Prozent gesenkt. Damit gilt ab dem Jahr 2025 sowohl für Vereine und Stiftungen als auch für alle juristischen Personen der einheitliche, einfache Steuertarif von 5,5 Prozent.

Der Rat hat diese Vorlage in erster Lesung mit 88 : 39 Stimmen (Ablehnung im linken Lager) in erster Lesung gutgeheissen.

Nun folgt Traktandum 4, nochmals geht es ums DFR:

4. Steuergesetzrevision 'Nachvollzug Bundesrecht'; Änderung des Steuergesetzes, 1. Beratung. Der Rat tritt auf die Vorlage ein. Mehrere Minderheitsanträge der SVP werden abgelehnt, ebenso ein Minderheitsprüfungsantrag aus der vorberatenden Kommission VWA. Der Rat heisst die unveränderte Vorlage schliesslich mit 128 : 0 Stimmen gut.

Damit geht der Grosse Rat in die Mittagspause, es geht weiter um 14.15 Uhr.

Zu Beginn der Nachmittagssitzung leitet Vizepräsident Markus Gabriel den Grossen Rat. Die Präsenzerhebung zeigt: es sind 126 Ratsmitglieder im Saal.

Es kommt zu drei Fraktionserklärungen.

Erste Fraktionserklärung: Erst spricht Manuela Ernst für die GLP: Sie bezieht sich auf die az-Meldung, wonach die PDAG ihr Angebot in Zürich ausgebaut habe, um der hohen Nachfrage in der Stadt Zürich gerecht zu werden. Das werfe die Frage auf, so Ernst, ob denn der Bedarf im Kanton Aargau gedeckt sei. Die GLP habe da ihre Zweifel, etwa wenn es um Menschen mit Autismus gehe. Die GLP sei mit dem Vorgehen der PDAG nicht zufrieden. Erst seien die Bedürfnisse der Aargauer Bevölkerung zu decken, betont Ernst.

Zweite Fraktionserklärung: Manuel Kaspar sagt namens der SVP, nun habe man es schwarz auf weiss, "dass die Auswüchse der unkontrollierten Zuwanderung in unseren Kanton schlechte Früchte hervorbringen", dies unter Verweis auf die neuste Kriminalitätsstatistik. Straftaten, vorab begangen durch junge Männer aus den Maghreb--Staaten, explodierten förmlich, so Kaspar. 126 % mehr Diebstähle aus Fahrzeugen, zitiert er aus der Statistik. Das seien 3,7 registrierte solche Einbrüche pro Tag, von denen jeder einzelne bei der Polizei Ressourcen bindet und grossen Unmut in der Bevölkerung hervorrufe. Es brauche dringend Reformen, fordert Kaspar.

Dritte Fraktionserklärung: Silvan Hilfiker sagt für die FDP, die Regierung sei in der Jahresrechnung 2023 um 400 Millionen Franken daneben gelegen. Er verlangt, dass sie künftig "näher an der Realität budgetiert". Er erinnert an die letzte Woche im Grossen Rat beschlossene Erhöhung des Eigenmietwerts von 60 auf 62 Prozent, was zusätzliche Mehreinnahmen bringt. Die FDP verlangt nun im nächsten Aufgaben- und Finanzplan (AFP), also für das Jahr 2025 (die Regierung wird diesen voraussichtlich im August 2024 vorstellen) "eine Senkung des Kantonssteuerfusses um mindestens drei Prozent", so Hilfiker.

Die Traktanden 5 bis 10 betreffen das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) von Regierungsrat Alex Hürzeler

5. Kantonsschule Stein (KSST); Übergangslösung: Die Kantonsschule Stein (KSST) soll als siebter Mittelschulstandort im Kanton Aargau per Schuljahr 2025/26 in Betrieb gehen. Mit der vorliegenden Botschaft beantragt die Regierung einen Verpflichtungskredit, der den Ausführungskredit für die Übergangslösung sowie den Projektierungskredit für den Neubau beinhaltet. Gestritten wird nicht zuletzt um die geplante Solaranlage, aber auch aus Kostengründen um einen Antrag für eine Teilrückweisung der Vorlage.

Eintreten ist unbestritten. Jetzt wird entschieden:

Als erstes geht es um einen Minderheitsantrag der Kommissionen BKS und AVW: Teilrückweisung mit dem Antrag für die Projektierung des Neubaus der Kantonsschule Stein sei eine neue Botschaft auszuarbeiten, in welcher: 1. das Raumprogramm auf 200m2 Hauptnutzfläche pro Abteilung reduziert wird. 2. eine Totalunternehmer-Ausschreibung durchgeführt wird. Der Verpflichtungskredit mit einem einmaligen Bruttoaufwand von Fr. 61'575'000 (für Übergangslösung und Neubau) sei entsprechend um 19'530'000 Franken zu kürzen. Der Antrag wird mit 79 : 50 Stimmen abgelehnt.

Auf den Gebäuden für die Übergangslösung sei auf die Photovoltaikanlage zu verzichten (-250'000 Franken Einsparung), beantragt die BKS: Der Antrag wird mit 72 : 56 abgelehnt. Die PV-Anlage kann also erstellt werden.

Die Kommission AVW beantragt, den Aufwand für befristete Mieten um 250'000 Franken zu reduzieren. Die Regierung ist einverstanden, der Antrag wird stillschweigend gutgeheissen.

Jetzt kommts zur Gesamtabstimmung: Der Rat heisst den Verpflichtungskredit mit 87 : 41 Stimmen gut.

Nun gehts weiter mit Interpellationen:

  1. Interpellation Bruno Rudolf, SVP, Reinach (Sprecher), Barbara Borer-Mathys, SVP, Holziken, Rolf Haller, EDU, Zetzwil, Manuel Kaspar, SVP, Oberkulm, Adrian Meier, FDP, Menziken, Alfred Merz, SP, Menziken, vom 14. November 2023 betreffend Schliessung des Schulpsychologischen Dienstes (SPD) in Zetzwil (Beantwortung). Namens der Interpellanten erklärt sich Bruno Rudolf mit der Regierungsantwort überhaupt nicht zufrieden.

7. Interpellation der FDP-Fraktion (Sprecherin Jeanine Glarner, Möriken-Wildegg) vom 29. August 2023 betreffend Rollen und Verantwortlichkeiten der Schulführung in den Gemeinden (Beantwortung). Mit den Regierungsantworten nur teilweise zufrieden erklärt Jeanine Glarner.

8. Interpellation Annetta Schuppisser, GLP, Tägerig (Sprecherin), Markus Lang, GLP, Brugg, vom 14. November 2023 betreffend 14 Schuljahre auf gymnasialem Weg statt 15 Jahre (Beantwortung). Die Interpellanten wollen, dass man im Aargau ebenso lange in die Kanti soll wie in anderen Kantonen, also ein Jahr weniger. Die Interpellanten sind von der abschlägigen Regierungsantwort enttäuscht und nicht zufrieden, so Annetta Schuppisser.

9. Interpellation Martin Bossert, EDU, Rothrist (Sprecher), Stephan Müller, SVP, Möhlin, vom 7. November 2023 betreffend Vorlesungen zu "Hexenwissen" und "queer-feministischen Überlegungen" an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) (Beantwortung). Martin Bossert erklärt sich mit der Regierungsantwort "alles andere als zufrieden".

10. Interpellation Sabina Freiermuth, FDP, Zofingen (Sprecherin), Stefan Giezendanner, SVP, Zofingen, Tobias Hottiger, FDP, Zofingen, Urs Plüss, EVP, Zofingen, vom 28. November 2023 betreffend Vorgaben der kantonalen Denkmalpflege bei Bauvorhaben im Bildungsbereich in Zofingen (Beantwortung). Es spricht Sabina Freiermuth. Auch sie ist mit den Regierungsantworten nicht zufrieden. Es erschliesse sich ihnen nicht, warum Bauvorschriften über dem gesunden Menschenverstand stehen, so Freiermuth.

Die Traktanden 11 bis 12 betreffen das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) von Landstatthalter Dieter Egli

  1. Dekret über die Zivilstandskreise; Änderung. Darum geht es: Der Zivilstandskreis Aarburg mit den Gemeinden Aarburg und Oftringen wird per 1. Juli 2024 aufgehoben. Die Gemeinden werden in den Zivilstandskreis Zofingen überführt. Auf den 1. Januar 2026 soll zudem Uerkheim vom Zivilstandskreis Schöftland in den Zivilstandskreis Zofingen wechseln. Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat die notwendigen Dekretsänderungen. Die Vorlage ist nicht bestritten. Die beiden Anträge werden ohne Gegenstimmen gutgeheissen.

12. Interpellation Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri (Sprecher), Ralf Bucher, Mitte, Mühlau, vom 12. Dezember 2023 betreffend Littering-Bussen und deren regionale Verteilung (Beantwortung). Die Politik habe hier mit Bussen bis 300 Franken nicht die gewünschte Durchschlagskraft erreicht, beklagt Hans-Peter Budmiger. Offenkundig wirke die Höhe der Bussen nicht abschreckend. Es sei sehr schwierig, Littering zu beweisen. Die Regierung will die Praxis nicht anpassen. Budmiger glaubt, man habe einfach resigniert. Er sucht nach neuen Ideen, Littering zu bkämpfen, etwa präventiv oder mit Sanktionen. Mit der Regierungsantwort ist er aber zufrieden.

Christa Hausherr ist neue Oberrichterin

  1. Angesagt sind Ersatzwahlen am Obergericht für den Rest der Amtsperiode 2023-2026 (1 Oberrichter/Oberrichterin am Straf- und Zivilgericht).
  2. Wahlvorschlag der Kommission JUS und des Büros: - Christa Hausherr

Weitere Kandidaturen: - Stephan Berner - Thomas Held .

Um 15.05 Uhr gibt Ratsvizepräsident Gabriel das Ergebnis bekannt: Gewählt ist mit 94 Stimmen Christa Hausherr, Stephan Berner hat 34 Stimmen erhalten.

Ratsvizepräsident Markus Gabriel schliesst um 16.46 Uhr die heutige Sitzuung. Für die Behandlung weiterer Traktanden wie einen Vorstoss zur Eindämmung der Unterlistenflut bei Nationalratswahlen fehlt die Zeit.

Die nächste Grossratssitzung ist am 23. April.